Ziel sind die Sommerspielen 2020 Kanu-König Brendel denkt nicht ans aufhören

Rio de Janeiro · Kanu-König Sebastian Brendel wollte einen Tag nach seinem Goldcoup von einem möglichen Karriereende nichts mehr wissen. Er will bis Tokio 2020 weitermachen.

Olympia 2016: Sebastian Brendel paddelt wieder zu Gold
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Brendel paddelt wieder zu Gold

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Foto: afp

Der Kanu-König verzichtete auf die Party. Sebastian Brendel sparte sich den traditionellen Besuch der Medaillengewinner im Deutschen Haus, stattdessen gönnte er sich mit seinen Eltern und seiner Freundin Romy ein goldenes Mahl im Restaurant.

Dass der zweimalige Olympiasieger im Canadier-Einer bald noch mehr Zeit für seine Familie hat, ist aber äußerst unwahrscheinlich. Von einem Abschied, den er nach seinem Coup in Rio de Janeiro angedeutet hatte, wollte der 28-Jährige aus Potsdam am Mittwoch nichts mehr wissen. Im Gegenteil: Brendel will bis zu den Sommerspielen 2020 in Tokio weitermachen.

"Man muss schauen, was der Körper, die Familie und die Motivation sagen, aber mein Ziel ist es schon, bis Tokio weiterzumachen", sagte Brendel dem SID. Der Deutsche Kanu-Verband (DKV) wäre glücklich, seinen Vorzeigeathleten noch lange zu behalten. "Er ist der perfekte Sportler und Mensch", sagte Verbandspräsident Thomas Konietzko: "Wir werden versuchen, Sebastian zu überzeugen, noch vier Jahre weiterzumachen." Großer Überredungskunst bedarf es wohl nicht mehr.

Bundespolizist Brendel, der in seiner Jugend auch Fußball gespielt und Karate betrieben hat, hat die Sportart in den vergangenen Jahren durch 17 Goldmedaillen bei Großereignissen geprägt. Er ist dabei stets bescheiden geblieben und hatte auch in den Stunden seiner größten Erfolge immer die Zukunft des deutschen Sports im Blick. "Es werden immer weniger Medaillen, weil in vielen Sportarten der Nachwuchs fehlt. Da muss sich der DOSB Gedanken machen, wie man das ändern kann. Es müssen Maßnahmen ergriffen werden", sagte er nach seiner famosen Goldfahrt am Zuckerhut.

Brendel hat immer über den Tellerrand hinausgeblickt und sich dabei kritisch mit den vorhandenen Strukturen auseinander gesetzt. "Wenn es so weitergeht, ist Kanu in acht Jahren nicht mehr olympisch", sagte er kurz vor seinem Start in Rio in einem FAZ-Interview. Das mangelnde Interesse der Öffentlichkeit am Kanusport außerhalb von Olympischen Spielen sei in erster Linie den Wettkampfformaten geschuldet.

In den bestehenden Formaten hat sich Brendel trotz einiger Rückschläge durchgesetzt. Bei den Sommerspielen 2008 wurde ihm noch Andreas Dittmer vorgezogen, bei der WM 2011 im ungarischen Szeged brach nach wenigen Schlägen im Vorlauf ein Paddel.

Doch Brendel hat sich nie unterkriegen lassen. Dieser Kampf, "Mann gegen Mann auf 1000 Metern", sagt er, "das ist faszinierend". Brendel hat ihn meist gewonnen. Zuletzt stand er bei einem Großereignis über seine 1000-m-Paradestrecke vor drei Jahren bei der EM in Montemor-o-Velho/Portugal nicht ganz oben auf dem Treppchen.

In Rio wird er noch einmal aufs Wasser gehen. Am Freitag steht im Canadier-Zweier der Vorlauf mit Jan Vandrey (Potsdam) an. Brendel bezeichnet den Finaleinzug als "Minimalziel". Doch wer den ehrgeizigen, 1,92 m großen Modellathleten kennt, weiß, dass er mehr will. "Ich traue ihm alles zu", sagte Kießler.

Einen Belohnungskuss seiner Romy, wie nach seiner Goldfahrt, wird es so oder so geben. Auf Liebkosungen seiner Kinder Hanna und Edwin muss Brendel in Rio dagegen verzichten: Sie drücken in der Heimat die Daumen. Mehr Zeit für sie könnte Brendel erst nach Tokio 2020 haben.

(sid)
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