Olympia-Hoffnung trotz Verletzung Sportmediziner attackiert Felix Neureuther

Düsseldorf · Der deutsche Ski-Alpin-Star Neureuther versucht trotz eines Kreuzbandrisses, im Februar an den Olympischen Spielen 2018 teilzunehmen. Ein Sportmediziner kritisiert ihn deshalb.

Felix Neureuther: Deutschlands alpiner Weltcup-Rekordsieger
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Das ist Felix Neureuther

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Foto: dpa, hm

Der 25. November 2017 bedeutet für Felix Neureuther eine Zäsur. Beim Riesenslalom-Training in Copper Mountain (USA) reißt dem Münchner das Kreuzband im linken Knie. Der deutsche Ski-Alpin-Star liegt am Boden. Die Frage in seinem Kopf lautet seither: Soll ich alles für die Olympischen Spiele im Februar riskieren? Nun hat Neureuther die Antwort gegeben: "Ich muss es probieren."

Neureuther entscheidet sich gegen eine Operation, gegen den geduldigen Weg zurück auf die Piste. Er ist 33 Jahre alt, seit Oktober Vater einer Tochter. Die Spiele in Pyeongchang sind realistisch gesehen seine letzte Chance auf eine olympische Medaille. "Ich versuche, das Risiko zu minimieren", sagt er. Ob das klappen wird, weiß er nicht. Elfeinhalb Wochen vor dem Slalom in Südkorea am 22. Februar kann er sein Bein nicht einmal durchstrecken, nicht in die Hocke gehen. "Es ist ein sehr, sehr gewagtes Unternehmen. Ich brauche Glück, viel Glück", sagt Neureuther - und "einen perfekten Plan".

Das Kniegelenk gehört zu den komplexesten Gelenken, die sich die Natur hat einfallen lassen. Die Ausfallzeit für einen Sportler nach einem Kreuzbandriss wird in der Regel auf mindestens sechs Monate geschätzt. Neureuther stärkt seine Muskulatur derzeit im Wasser. Dazu erhält er Lymphdrainagen und Strombehandlungen. Zum Gehen benötigt er eine Schiene, auch auf Skiern wird er eine tragen müssen. Ob das funktioniere, "steht noch in den Sternen", sagt er. Thorsten Schiffer, Leiter der Ambulanz für Sporttraumatologie und Gesundheitsberatung an der Sporthochschule Köln, hält gar nichts von dem Plan einer schnellen Rückkehr.

"Auch wenn Felix Neureuther Gold holen sollte, darf er nicht bejubelt werden. Da muss man sagen: Das war einfach nur verrückt. Er nimmt seine Vorbildfunktion nicht wahr. Dann kommen demnächst 20 junge Leute zu mir und sagen: ,Bei Felix Neureuther ging es doch auch so schnell'", sagte Schiffer im Gespräch mit unserer Redaktion. "Leistungssportler sind zu überambitioniert. Zum Beispiel Andreas Toba, der bei Olympia mit einem Kreuzbandriss geturnt hat. Das war keine Heldentat, das war einfach nur unvernünftig. Da geht es meist nur um Ruhm, Ehre und Geld. Das sollte keine Schule machen", sagt er.

Wie unmöglich das Projekt erscheint, zeigt ein Blick zum Fußball. Bei Superstar Zlatan Ibrahimovic riss im April das Kreuzband. Er entschied sich für eine OP. "Im Gegensatz zu seinem Kreuzband waren seine Gelenke, seine Muskeln und die anderen Teile seines Knies in erstklassigem Zustand. Sie sahen aus wie bei einem 15-jährigen Jungen, nicht wie bei einem Fußballer, der sein Knie jahrelang den Strapazen körperlichen Wettkampfs ausgesetzt hatte", erklärte sein Arzt Freddie Fu Ho-keung.

Und trotzdem kehrte der Schwede erst sechs Monate später ins Mannschaftstraining zurück.

(erer)
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