Olympia 2028 als Ziel Die Siedler von Katar

Doha/Düsseldorf · Wie die Radsportler in diesen Tagen, so pilgern auch Turner, Leichtathleten, Fußballer und Schwimmer in den nächsten Jahren zur WM nach Katar. Das Emirat sammelt Titelkämpfe auf dem Weg zum großen Ziel: Olympia 2028 in Doha.

 Katar stemmt so manches sportliches Event, die Olympischen Spiele sind das Ziel.

Katar stemmt so manches sportliches Event, die Olympischen Spiele sind das Ziel.

Foto: Zörner

Tony Martin war extra in der Sauna, er hat bei laufendem Heizlüfter im Badezimmer trainiert und ist als Erster des deutschen Teams angereist. Der dreimalige Zeitfahrweltmeister will bestmöglich gewappnet sein, wenn morgen die erste Straßenrad-WM in Katar beginnt. Und gewappnet sein bedeutet in Katar eben vor allem: bei Temperaturen von 40 Grad Bestleistung abrufen zu können.

In den nächsten Tagen ist die Hitze am Persischen Golf damit also ein Problem für die Radprofis, doch auch Turner (2018), Leichtathleten (2019), Fußballer (2022) und Schwimmer (2023) werden sich in naher Zukunft damit befassen müssen. Denn im unbeirrbaren Vorhaben, sich als globale Sportmacht zu etablieren, hat sich Katar bis 2023 Weltmeisterschaften in den genannten Sportarten gesichert. Die Handballer waren schon 2015 zur WM da.

Das Sammeln von internationalen Sport-Großveranstaltungen ist für das Emirat dabei mehr als nur das sportpolitische Bemühen um Imagezugewinn im Ausland. Es geht vor allem darum, als Ausrichter Weltmeisterschaften als wiederkehrende Testläufe für das große Ziel zu verwenden, das da heißt: Olympia 2028 in der Hauptstadt Doha. Dass sich Katar für die Sommerspiele in zwölf Jahren bewerben wird, daran gibt es kaum Zweifel. "Die Vision und das Ziel heißen, irgendwann Sommerspiele auszutragen", sagte Thani Al-Kuwari, Generalsekretär des Nationalen Olympischen Komitees. Die Bewerbung Dohas für die Spiele 2016 und 2020 hatte das Internationale Olympische Komitee (IOC) nicht akzeptiert. Und nachdem mit Tokio ebenfalls eine asiatische Stadt den Zuschlag für 2020 bekommen hatte, konnte sich Katar - geografisch ebenfalls Asien - eine Bewerbung für 2024 sparen. Vier Jahre später soll es deswegen nun mit Macht gelingen.

Und wenn Katar, das ist die Lehre der zurückliegenden Jahre, etwas mit Macht erreichen will, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass dies auch gelingt. Die finanziellen Mittel des Öl-Produzenten Katar scheinen unbegrenzt, Mitbewerber können mit ihren Budgets quasi nie mithalten. Dabei steht das Königreich von Emir Scheich Tamim Bin Hamad Al Thani - er ist Staatsoberhaupt und Chef des nationalen Olympischen Komitees - weltweit in der Kritik. Die Vorwürfe: Menschenrechte würden verletzt, und ob seiner klimatischen Bedingungen sei Katar ungeeignet für die Ausübung von Hochleistungssport. Doch diese Vorwürfe stellen bislang keine Hürde da. Am Ende finden dann doch alle Weltmeisterschaften statt. Es gibt dann eben mehr zu trinken, mehr Klimatisierung und ein Ärztegremium, dass die Bedingungen permanent überwacht.

Mit Blick auf 2028 könnte vordergründig das katarische Motto "Geld spielt keine Rolle" dem IOC-Reformpaket von 2014 widersprechen, das dem Gigantismus der Spiele entgegentreten und stärker auf Punkte wie Menschenrechte, Gleichberechtigung und Nachhaltigkeit Wert legen soll. Dessen ungeachtet könnten die wachsenden Probleme, überhaupt noch genug Städte zu finden, die Olympia finanzieren können, am Ende Dohas großer Vorteil werden.

Für Tony Martin und Co. ist 2028 indes weit weg. Für den Cottbusser zählt das Hier und Jetzt. Und in der Wüste will er am Mittwoch die Enttäuschung über sein olympisches Einzelzeitfahren von Rio (Rang zwölf) vergessen machen. "Ich bin zuversichtlich, auf der flachen Strecke meine gewohnte Leistung abrufen zu können", sagte der 31-Jährige. Höhepunkt aus deutscher Sicht soll allerdings möglichst das Straßenrennen über 257 Kilometer am Schlusstag (16. Oktober) werden. Das Ziel lautet: erster WM-Titel seit Rudi Altigs Sieg 1966 auf dem Nürburgring. Kapitän André Greipel, Marcel Kittel oder John Degenkolb rechnen sich Chancen aus. "Wir haben eine Mannschaft mit verschiedenen Möglichkeiten", findet Kittel.

Sollte Martin am Ende als erneuter Zeitfahrweltmeister aus der Wüste zurückkehren, ist er ja vielleicht bereit, seinen Heizlüfter weiterzureichen.

(klü)
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