Sohn von Formel-1-Rekordweltmeister Mick Schumacher tritt schweres Erbe an

Düsseldorf · Mick Schumacher, Sohn des siebenmaligen Formel-1-Weltmeisters Michael Schumacher, soll in einer Nachwuchsserie Erfahrungen sammeln. Der Druck, der auf dem 16-Jährigen lastet, ist immens.

Dies ist die Geschichte von großen Erwartungen und noch größeren Träumen. Es ist die Geschichte von Mick Schumacher. Einem 16-jährigen Jungen, der keinen Schritt unbeobachtet gehen kann und bei allem, was er macht, die Last eines großen Namens trägt. Michael Schumacher, sein Vater, ist weit über den Motorsport hinaus zu einer Ikone geworden. Nun schickt sich der Sohn des siebenmaligen Formel-1-Weltmeisters an, ebenfalls als Rennfahrer Karriere zu machen. Eine normale Entwicklung ist gleichwohl für ihn nicht möglich.

In seinem Umfeld hat man sich bemüht, ihm solange wie möglich Anonymität und damit Normalität zu bieten. Jahrelang tauchte er deshalb auf den Startlisten bei Wettkämpfen als Mick Betsch auf, dem Geburtsnamen seiner Mutter Corinna. Die Zeiten, in denen er sich derart behütet ausleben konnte, sind längst vorbei.

Formel 1: Mick Schumacher – Sohn der Formel-1-Legende und Formel-1-Fahrer
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Das ist Mick Schumacher

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Foto: AP/Hamad Mohammed

Der Nürburgring vor ein paar Wochen. Es ist die fünfte Veranstaltung der Nachwuchsmeisterschaft Formel 4. Die größten Talente der Szene dürfen hier mitfahren — und jene, die es sich dank finanzstarker Unterstützer leisten können. Mick Schumacher hat in diesem Jahr erst sein Debüt in der Serie für das niederländische Team "Van Amersfoort Racing" gegeben, für die sich zuvor nur die absoluten Feinschmecker der Sportart interessierten. Seit "Mick" dabei ist, berichten nun viel mehr Journalisten, und auch die Zuschauerzahlen sind deutlich angestiegen. Medial, heißt es beim ADAC, der die Serie organisiert, sei die Teilnahme von Schumacher natürlich ein Glücksfall.

Der erste Lauf an diesem Wochenende in der Eifel. Die Fahrer werden aufgerufen. Aus dem Teamlager müssen sie ein paar hundert Meter über das Gelände gehen. Sie tragen Rennoveralls und halten ihren Helm in der Hand. Sie können ganz gemütlich hinüberschlendern. Keiner spricht sie an. Keiner will ein Selfie machen. Alles ganz entspannt. Nur noch wenige Minuten bis zum Start. Plötzlich wird es hektisch. Von weitem ist schon eine Menschentraube zu erkennen, die im gesteigerten Tempo im Anmarsch ist. Mittendrin Mick Schumacher. Ein Kamerateam begleitet ihn die ganze Zeit, dazu Fotografen, die offenbar den Auftrag bekommen haben, jeden Wimpernschlag des Jugendlichen zu dokumentieren. Es ist ein schmaler Grat zwischen einem vermutlich vorhandenen öffentlichen Interesse an der Entwicklung von Schumacher junior und blankem Voyeurismus. Am Nürburgring werden die Grenzen bis zum Äußersten ausgereizt. Erst als sich zu viele um Mick Schumacher drängen, greifen die Mechaniker des Rennstalls ein und halten die Schaulustigen auf Distanz. So oder ähnlich sind die Szenen vor jedem Auftritt des jungen Burschen, der gewiss über Talent verfügt. Über wie viel genau, ist in diesem Alter seriös noch nicht abzuschätzen.

Managerin Kehm hält Erwartungen an Mick Schumacher klein

Sabine Kehm hat von Anfang an versucht, die Erwartungen an ihren Klienten so klein wie möglich zu halten. Sie wird auch gewusst haben, dass es ein aussichtsloses Projekt sein würde. Und so versucht die Managerin, eine enge Vertraute der Familie, die schon seit vielen Jahren für Micks Vater arbeitet, immerhin nicht noch zusätzlich den Hype anzufeuern. Jeden Tag gibt es Interviewanfragen, jeden Tag verschickt sie Absagen. Bis auf wenige Ausnahmen gibt es keine Wortbeiträge von Schumacher. "Es gibt noch zu viele andere Dinge zu lernen", wird sie in der "Frankfurter Allgemeinen" zitiert. "Wir wollen uns erst mal nur auf den Sport konzentrieren." Und in einem anderen Gespräch hat Kehm betont: "Ich möchte gerne dafür werben, die Erwartungen an Mick nicht allzu hoch zu schrauben. Es ist sein Einstiegsjahr in den Formel-Sport, alles ist neu für ihn, er muss so viel lernen."

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Mick Schumacher feiert erste Trophäe mit Champagner

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Foto: afp, rh ej

Ohnehin soll Mick Schumacher kein ausgeprägtes Interesse verspüren, Medien seine Geschichte zu erzählen. Er musste miterleben, wie Journalisten seinen schwer verletzten Vater gejagt haben, zu welch unwürdigen Szenen es nach dem schweren Skiunfall am 29. Dezember 2013 gekommen ist, der das Leben der ganzen Familie verändert hat. Nach dem Sturz des Vaters in Méribel in den französischen Alpen begann eine öffentliche Hatz nach Bildern. Mick und seine Schwester Gina-Maria wurden über die verworrensten Wege ins Krankenhaus gebracht. Sie sollten nicht ins Blitzlichtgewitter geraten. Diese Zeit hat den Schumacher-Clan geprägt.

"Wir sind zufrieden mit ihm"

Die bisherige Bilanz des Rennfahrers Mick Schumacher kann sich durchaus sehen lassen. Er hat ein Rennen gewonnen und stand einmal auf dem Treppchen. "Wir sind sehr zufrieden mit ihm", sagt Frits van Amersfoort, der Besitzer des gleichnamigen Formel-4-Rennstalls. Der Niederländer gilt als einer der besten Talentförderer in der Branche. Unter anderem hat es Max Verstappen aus seiner Schmiede in die Königsklasse des Motorsports geschafft. "Natürlich hat Mick unglaublich viel Talent. Aber er muss auch einen unfassbar großen Druck aushalten", erzählt er unserer Redaktion. "Wir können ihm nur ein gutes Auto geben. Den Rest muss er alleine machen. So ist das Geschäft." Hört sich hart an, ist aber vermutlich die vielversprechendste Taktik, um Schumacher gleich mit dem ganz normalen Wahnsinn vertraut zu machen.

Vor dem Zelt von "Van Amersfoort Racing" steht eine Abordnung des "Michael-Schumacher-Fanclubs". Reiner Ferling ist erster Vorsitzender der Vereinigung. Er blickt immer mal wieder hinüber, versucht einen Blick auf Mick Schumacher zu bekommen. "Er zieht sich sehr zurück", sagt er. "Das ist natürlich vollkommen in Ordnung." Warum ist überhaupt der "Michael-Schumacher-Fanclub" bei einem Rennen des Sohnes? Für Ferling ist das sozusagen eine logische Konsequenz, quasi Ehrensache. Wer den Vater unterstützt hat, feuert auch den Sohn an. "Wir wollen zeigen, dass wir Schumacher nicht vergessen haben", sagt er. "Aber jeder muss seinen eigenen Weg gehen."

Man muss den Jungen aber auch lassen.

(gic)
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