Wolfsburgs Mario Gomez Hassobjekt und Objekt der Begierde

Düsseldorf · Der VfL Wolfsburg hat durch den "Gnadenbesuch" Relegation seine Bundesligazugehörigkeit gesichert. Den größten Anteil daran hat Mario Gomez, der von den Braunschweiger Fans in Dauerschleife beleidigt wurde. Wolfsburg will den Retter unbedingt halten.

VfL Wolfsburg: Spieler feiern an Hinterausgang mit Fans
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Wolfsburger Spieler feiern an Hinterausgang mit Fans

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Wenn einem Spieler von den gegnerischen Fans regelrechter Hass entgegenschlägt, hat er zumeist für die eigene Mannschaft eine extrem hohe Bedeutung. Es ist eine einfache Formel, die aber relativ häufig zutrifft. Denn im Hass mischt auch immer eine gewisse Angst mit. Schließlich wird jener Spieler vom Gegner als größte Gefahr ausgemacht — und wird dafür gehasst.

Im Relegations-Rückspiel in Braunschweig war Mario Gomez das Hassobjekt der Heimfans. Zum einem, da er mit Abstand der gefährlichste (und einzige) Torjäger der Wolfsburger ist, zum anderen aber auch, da im Hinspiel dem Elfmeterpfiff zum 1:0-Siegtreffer ein Handspiel von ihm vorausging. Den umstrittenen Elfmeter verwandelte er ebenfalls. Braunschweig fühlte sich benachteiligt, als Projektion dafür diente den Fans im Rückspiel Gomez. Plakate wie "Mario Gomez, Handballgott", waren noch nett und harmlos, die Schmähgesänge eines großen Teils der Anhänger dagegen nicht zitierfähig.

Wolfsburger Abhängigkeit von Gomez

"Ich kann nichts mit dem Hass im Fußball anfangen", reagierte Gomez hinterher: "Nach den fürchterlichen Anschlägen in Manchester liegen wir uns alle in den Armen, und ein paar Tage später verhalten wir uns selber wie Affen." Es war nicht die einzige Entgleisung der Heimfans an diesem Abend: Etliche Feuerwerkskörper und einen Platzsturm nach dem Abpfiff nannte Braunschweigs Präsident Sebastian Ebel abschließend eine "unglaubliche Sauerei".

Sportlich setzte sich Wolfsburg auch im Rückspiel mit 1:0 durch und rettete damit seine Bundesligazugehörigkeit. Dieses Mal nicht durch Gomez, sondern durch einen Gewaltschuss von Vierinha (49.).

Dennoch dürften in Wolfsburg alle wissen, wem dieser glückliche Klassenerhalt zu verdanken ist: 16 von 34 Saisontoren der Niedersachsen gingen auf das Konto von Gomez — nur der 1. FC Köln war mit Anthony Modeste abhängiger von einem einzigen Spieler. Seit Andries Jonker an der Seitenlinie verantwortlich ist, erzielte er in zwölf Spielen sogar zehn der 14 Tore.

Mit dem Ziel "Europa" nach Wolfsburg gekommen

Oberste Priorität ist in der Autostadt, den Torjäger trotz der schwachen Saison zu halten. Für VfL-Geschäftsführer Wolfgang Hotze steht Gomez sogar im Mittelpunkt der "Neuausrichtung" des Vereins. Für Hotze bringe er alles mit, "um Gesicht eines neuen VfL-Teams zu werden", sagte der Geschäftsführer dem SID.

Im vergangenen Sommer kam der Nationalspieler für sieben Millionen Euro von Besiktas Istanbul mit dem Ziel "Europa" nach Wolfsburg. Und sollte dieses Ziel nicht erreicht werden, "werde man sich in einem Jahr wieder zusammensetzen", fügte er damals hinzu. Zu jener Zeit wurde er noch vom Führungsduo Dieter Hecking und Klaus Allofs vorgestellt, welches mittlerweile ebenso Geschichte ist wie das Gerede über internationalen Fußball. Die Realität sah Wolfsburg in dieser Spielzeit regelmäßig am Abgrund zur Zweitklassigkeit.

Die unausweichliche Frage zu seiner Zukunft wollte der 31-Jährige nach dem geglückten Klassenerhalt daher nicht vorschnell beantworten. "Ich glaube, dass nicht nur mit mir, sondern mit allen Spielern Gespräche stattfinden werden. Was dann in den nächsten Tagen und Wochen dabei rauskommt, werden wir sehen", erklärte Gomez, dessen Vertrag zwar bis 2019 läuft, allerdings eine Ausstiegsklausel enthalten soll.

Sein Verbleib wird vor allem von der Perspektive abhängen: Welche Spieler kommen, welche gehen? Und welche Ziele der Verein realistisch in den kommenden Jahren verfolgt? In Wolfsburg müssen sie Gomez die Zukunft schmackhaft machen.

(dbr)
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