ARD-Reportage Neue Doping-Vorwürfe gegen Leichtathleten aus Russland und Kenia

Berlin · Neue Doping-Vorwürfe gegen Russland und Kenia, dazu eine Datenbank mit einer Vielzahl von verdächtigen Blutwerten: Drei Wochen vor den Weltmeisterschaften in Peking droht der internationalen Leichtathletik eine Ausweitung des Doping-Skandals.

 Maria Sawinowa steht im Mittelpunkt der Doping-Vorwürfe.

Maria Sawinowa steht im Mittelpunkt der Doping-Vorwürfe.

Foto: dpa

Nach Erkenntnissen der am Samstag ausgestrahlten ARD-Dokumentation "Geheimsache Doping: Im Schattenreich der Leichtathletik" ist die Verbreitung von Doping vor allem in den Ausdauerdisziplinen weitaus größer als bisher angenommen.

Neben weiteren konkreten Doping-Vorwürfen gegen russische Leichtathleten, insbesondere gegen 800-m-Olympiasiegerin Maria Sawinowa, präsentierte das Team um Hajo Seppelt eine Datenbank mit über 12.000 Blutwerten. Ein Teil davon gebe starke Hinweise auf den Gebrauch von Dopingmitteln. Zudem gebe es Anzeichen für weitverbreitetes Doping in Kenia sowie Hinweise auf Korruption an der Spitze des dortigen Leichtathletik-Verbandes. Präsident Isaiah Kiplagat kandidiert in wenigen Wochen für den Posten des Vizepräsidenten im Weltverband IAAF.

Datenbank lässt auf massives Doping schließen

"Die Werte in der Datenbank lassen aus meiner Sicht keinen Zweifel zu, dass die Ausdauerdisziplinen bei Weltmeisterschaften und Olympia von Blutdoping durchsetzt waren", sagte der australische Doping-Experte Michael Ashenden in der Dokumentation. Woher diese Datenbank stammt, ist nicht bekannt, sie wurde der ARD anonym zugespielt.

"Es tut mir sehr leid für die sauberen Athleten, die um ihre Medaille betrogen wurden. Es wäre praktisch unmöglich gewesen, gegen einige dieser Werte anzukommen. Es ist einfach grotesk, wie hoch einige dieser Werte waren. Es waren die schlimmsten, die ich jemals gesehen habe", erklärte Ashenden weiter. Die IAAF teilte auf ARD-Anfrage mit, ohne genaue Kenntnis des Datensatzes könne man die Ergebnisse nicht kommentieren.

Die Nationale Anti Doping Agentur (NADA) forderte in einer ersten Reaktion eine zeitnahe und lückenlose Aufarbeitung, gerade "mit Blick auf die internationale Chancengleichheit und einen sauberen Sport für alle Athleten." In der Pflicht sei nun die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA und deren unabhängige Kommission, die sich nach einer ähnlichen ARD-Dokumentation im vergangenen Winter gebildet hatte.

Maria Sawinowa im Fokus der Reportage

Die damalige Reportage über systematisches Doping und Korruption im russischen Sport hatte weltweit für Aufsehen und personelle Konsequenzen gesorgt. Die Reportage hatte akribisch aufgezeigt, dass im russischen Sport flächendeckend manipuliert und dies von der nationalen Anti-Doping-Agentur RUSADA gedeckt werde. Entscheidende Kronzeugen in der Dokumentation waren Julia Stepanowa, derzeit wegen Dopings gesperrte 800-m-Läuferin, und ihr Mann Witali Stepanow, zwischen 2008 und 2011 Mitarbeiter RUSADA.

In dem am Samstag ausgestrahlten Film soll 800-m-Olympiasiegerin Maria Sawinowa auf einer ihr zugeschriebenen Tonbandaufnahme die Einnahme von Wachstumshormonen zugeben. Auch weitere Läuferinnen wurden belastetet. Zudem gebe es weitere Hinweise auf massive Mängel am Anti-Doping-Kontrollsystem in Russland.

"Wenn sich herausstellt, dass das alles wahr ist, dann ist das Problem sicher größer als man bisher zugegeben hat", sagte Richard Pound, ehemaliger Präsident der WADA und Vorsitzender der zuständigen Untersuchungskommission.

In Kenia zeigte die Reportage auf, dass auch dort Dopingmittel einfach zu beschaffen seien. Die inzwischen wegen Dopings gesperrte Läuferin Rito Jeptoo, Siegerin des Boston-Marathons, berichtete zudem offen über den mangelhaften Anti-Doping-Kampf in ihrem Heimatland. "Ich habe seit 2006 nicht einmal in Kenia einen Bluttest machen müssen", sagte die 34-Jährige.

(sid)
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