Hallen-WM der Leichtathleten in Portland Kein Bolt, kein Farah, keine Russen

Usain Bolt stellt lieber in der Heimat neue Schuhe vor, Mo Farah spart Kräfte für Olympia, die Russen bleiben nach dem Doping-Beben komplett außen vor: In Abwesenheit dutzender Topstars ist die am Donnerstag beginnende Hallen-WM der Leichtathleten in Portland nur ein Torso einer großen Meisterschaft. Auch aus deutscher Sicht taugen die Titelkämpfe lediglich als Versuchsballon.

Usain Bolt filmt seine Siegerehrung
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Bolt filmt seine Siegerehrung

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"Portland ist für unsere jungen Athleten eine Gelegenheit zur weiteren Entwicklung. Deshalb hoffe ich, dass sie es als Chance annehmen", sagt Chefbundestrainer Idriss Gonschinska mit Blick auf das 14-köpfige DLV-Aufgebot, das im Schnitt 22,5 Jahre jung ist. Von den Youngstern fordert er "den richtigen Mix aus Konzentration und Lockerheit", den großen Druck in Form einer klaren Zielvorgabe gibt es nicht.

In Abwesenheit der Rio-Hoffnungen wie den Kugel-Assen David Storl und Christina Schwanitz und Hürdensprinterin Cindy Roleder ist die erst zweite Hallen-WM ohne deutsche Medaille ein nicht zwangsläufiges Szenario. Um Edelmetall bewirbt sich Weitsprung-Shootingstar Alexandra Wester, die sich 2016 um 36 Zentimeter auf 6,95 m verbesserte und als Nummer eins der Welt zu ihren ersten großen Titelkämpfen reist.

"Ein Traum wird damit wahr", sagt die Kölnerin, die drei Tage nach dem Weitsprung-Finale ihren 22. Geburtstag feiert. Nicht nur Wester hat das Zeug zur Portland-Überraschung: Für 60-m-Sprinterin Tatjana Pinto (Münster) ist hinter der übermächtigen Dafne Schippers (Niederlande) vieles möglich, auch die Chemnitzer Dreispringer Kristin Gierisch und Max Heß kämpfen an einem Sahnetag um Medaillen.

Die jungen Deutschen profitieren auch davon, dass eine Vielzahl der ganz großen Namen in Portland fehlt: Jamaikas Sprintstar Bolt war nie ein Freund der Halle, sein US-Kontrahent Justin Gatlin zeigt der WM ebenfalls die kalte Schulter. Der britische Langstrecken-Dominator Farah ist längst im "Rio-Tunnel", David Rudisha, Christian Taylor, Shelly-Ann Fraser-Pryce — alle bereiten sich auf den Showdown in Brasilien vor.

Große Duelle sind Mangelware: Über 60 m trifft Jamaikas Ex-Weltrekordler Asafa Powell auf US-Jungstar Trayvon Bromell, im Stabhochsprung beharken sich Weltrekordler Renaud Lavillenie (Frankreich) und Weltmeister Shawn Barber (Kanada), über 3000 m kommt es zum Äthiopien-Showdown zwischen Weltrekordlerin Genzebe Dibaba und Olympiasiegerin Meseret Defar. Im Siebenkampf gibt sich US-Topstar Ashton Eaton als einer von elf Titelverteidigern in Portland die Ehre.

Der Weltverband IAAF versucht vor allem mit finanziellen Anreizen, die erste Meisterschaft unter dem neuen Präsidenten Sebastian Coe zu retten. Knapp 2,5 Millionen Dollar schüttet die IAAF an Preisgeld aus, Weltmeister bekommen 40.000 Dollar, für einen Weltrekord gibt es 50.000 Dollar.

Spannender wird allerdings sein, wie sich Coe und die IAAF angesichts der Korruptions- und Dopingskandale präsentieren. "Mein Ziel ist es, dass die IAAF zu einem Vorbild im Weltsport wird", sagt Coe vor dem Auftritt an heikler Stelle: Portland liegt nur 150 km von Eugene entfernt, jener Stadt, der unter fragwürdigen Umständen und wohl gesteigerter Mithilfe Coes die Freiluft-WM 2021 zugeschoben wurde.

Und das Thema Russland? Wird wohl in Oregon offiziell nur am Rande abgehandelt werden, neue Hinweise auf ein Olympia-Aus sind nicht zu erwarten. Doping wird die Titelkämpfe dafür wohl in Form von Meldonium-Enthüllungen begleiten: Erst kurz vor WM-Start wurde die ukrainische 800-m-Läuferin Natalija Lupu von ihrem Verband zurückgezogen - die Ex-Europameisterin war 15 Jahre lang mit der mittlerweile verbotenen Substanz im Blut unterwegs.

(sid)
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