Speerwurf-Weltmeisterin Molitor kritisiert neue DLV-Richtlinien

Düsseldorf · Die Nominierungskriterien öffnen nach Meinung von Katharina Molitor der Trainerwillkür Tür und Tor. Die Speerwurf-Weltmeisterin ist immer noch traurig über ihre Nicht-Nominierung für die Olympischen Sommerspiele 2016 in Rio de Janeiro.

Katharina Molitor: Speerwurf-Weltmeisterin und Volleyballspielerin
9 Bilder

Das ist Katharina Molitor

9 Bilder
Foto: dpa

Mittlerweile kann Katharina Molitor zumindest ein bisschen lächeln, wenn sie über das Telefonat mit unserer Redaktion im Juli 2016 spricht. Unsere Frage zielte damals auf ihren Gemütszustand nach der Nichtnominierung für die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro ab. Doch die Frage wurde zur Mitteilung. Denn der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) hatte es nicht für nötig gehalten, der aktuellen Speerwurf-Weltmeisterin die Hiobsbotschaft vorher selbst zu überbringen. "Zumindest 30 Minuten vor der Pressemitteilung hätte man mich informieren können", sagt Molitor auch heute noch.

Es war der Startschuss zu einer Schlammschlacht, die vor Gericht endete. Die Athletin vom TSV Bayer Leverkusen klagte gegen den Entschluss, neben der Deutschen Meisterin Christin Hussong nicht sie, die Weltmeisterin, sondern Linda Stahl und Christina Obergföll für die Spiele in Rio de Janeiro zu nominieren. Die Klage wurde abgewiesen. Acht Monate später sagt Molitor: "Ich bin nach wie vor traurig, aber ich gucke jetzt positiv nach vorne." Und da steht eine mögliche Verteidigung ihres Titels bei der Weltmeisterschaft Anfang August in London auf dem Plan.

Molitor hatte sich von Beginn an keine großen Chancen ausgerechnet, vor Gericht zu gewinnen. Die Rechtsschutzversicherung der Stiftung Deutsche Sporthilfe hatte den Fall nicht übernommen. So war es zunächst auch eine finanzielle Frage, ob sie den Klage-Weg überhaupt gehen sollte. Molitor bekam schließlich Hilfe vom Förderverein des Olympiastützpunkts Rheinland. "Sonst hätte ich auch nicht geklagt, denn da läppert sich ordentlich was zusammen", sagt sie. Ein hoher vierstelliger Betrag stand am Ende des Rechtsstreits. Säbelfechter und Athletensprecher Max Hartung sagte zum Fall Molitor: "Jeder Sportler sollte eine Rechtsschutzversicherung haben, denn aller Konsens im Sport befreit ja nicht von Streit und Diskussion." Auch Molitor hält das für "eine sinnvolle Idee. Andererseits hofft man natürlich immer, dass man ohne Anwalt durchs Sportlerleben kommt".

Die 33-Jährige hat sich nach dem großen Zoff Gedanken gemacht, ihre Karriere zu beenden - so wie es Vereinskollegin Linda Stahl (31) und Christina Obergföll (35) gemacht haben. Doch Molitor entschied sich dagegen, will trotz aller Widerstände noch mal voll angreifen. Ihr Verhältnis zum DLV beschreibt sie so: "Angespannt ist das falsche Wort. Grundsätzlich läuft alles wieder in geregelten Bahnen. Dennoch finde ich nicht richtig, was passiert ist." Ihre direkten DLV-Begleiter schätzt sie, Funkstille herrscht aber weiterhin zwischen Molitor und DLV-Cheftrainer Idriss Gonschiska. "Es hat sich kein Gespräch ergeben, und er hat sich nicht gemeldet. Ich lege aber auch keinen Wert darauf", sagt die gebürtige Bedburgerin.

Mit dem neuen Speerwurf-Bundestrainer Mark Frank kommt Molitor hingegen gut klar. Auch mit dem leitenden DLV-Bundestrainer für Wurf und Stoß, Jürgen Schult, gibt es keine Probleme. Auch wenn sie sich ein Telefonat mit dem Diskus-Weltrekordhalter nach Olympia, in dem es sich um die neuen Nominierungsrichtlinien drehte, nach eigenen Aussagen hätte sparen können.

Denn die neuen Richtlinien sind keineswegs eindeutiger gefasst, wie Molitor es wollte, sondern ganz im Gegenteil. "Ich finde die neuen Richtlinien nicht richtig", sagt sie. Ab sofort ist nur noch die Norm (2016: 62,00 Meter, 2017: 61,40 Meter) als Grundlage wichtig. Selbst die Deutsche Meisterin ist nicht mehr automatisch für ein Großereignis qualifiziert. Die Entscheidung sei nun noch mehr der Willkür der Trainer überlassen, sagt sie.

Beim Saisonstart am Wochenende, dem Winterwurf-Europacup in Las Palmas auf Gran Canaria, blieb Molitor (58,25 Meter) noch hinter den Erwartungen zurück. Die Leistung ist aber mit einem kraftraubenden zweiwöchigen Trainingslager im Vorfeld und einer Schleimbeutelentzündung im Ellbogen des Wurfarms zu erklären. Am liebsten will Molitor in diesem Jahr wieder an ihre WM-Weite von Peking 2015 (67,69 Meter) herankommen. "Ich bin ganz guter Dinge", sagt sie. "Ich glaube an Weiten über 65 Meter. Vielleicht rutscht dann bei der Weltmeisterschaft noch mal ein richtig weiter Wurf raus."

Einen Nominierungsstreit zwischen Molitor und DLV wird es übrigens nicht mehr geben. Als Titelverteidigerin hat sie für die WM in London eine Wild Card. Und nach dieser Saison will sie ihre Karriere dann definitiv beenden.

(erer)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort