Olympiastadion Leichtathletik stemmt sich gegen Umbaupläne in Berlin

Entsetzt, verärgert – aber vor allem auch kämpferisch: Die deutsche Leichtathletik wehrt sich gegen einen möglichen Umbau des Berliner Olympiastadions und will "König Fußball" die Stirn bieten. Für die Leichtathleten steht viel auf dem Spiel: Der Erhalt ihres geliebten "Wohnzimmers".

 Blick auf das Berliner Olympiastadion.

Blick auf das Berliner Olympiastadion.

Foto: dpa

Entsetzt, verärgert — aber vor allem auch kämpferisch: Die deutsche Leichtathletik wehrt sich gegen einen möglichen Umbau des Berliner Olympiastadions und will "König Fußball" die Stirn bieten. Für die Leichtathleten steht viel auf dem Spiel: Der Erhalt ihres geliebten "Wohnzimmers".

Mit einem Umbau des Olympiastadions in eine reine Fußball-Arena "beerdigt Berlin für immer nicht nur seine Olympiapläne, sondern verabschiedet sich aus der ersten Liga der internationalen Sportmetropolen", sagte Clemens Prokop, Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), am Montag: "Das Olympiastadion, das eine Sportstätte von nationaler und internationaler Bedeutung ist, wird vom Olympiastadion zum Stadion von Hertha BSC herabgestuft."

Zuvor hatte sich in der Debatte um eine neue Spielstätte für den Fußball-Bundesligisten Hertha BSC am Freitag eine überraschende Wende angedeutet. Der Verein, der für den Sport zuständige Senator Andreas Geisel und der Regierende Bürgermeister Michael Müller verfolgen nun offenbar verstärkt den Umbau des Stadions zu einer Fußballarena. "Als Leichtathletik-Präsident bin ich verärgert, als Berliner entsetzt", sagte Gerhard Janetzky, Chef der Berliner Leichtathleten und ehemaliger Direktor des Traditionsmeetings ISTAF: "Berlin setzt seinen Weg in die sportliche Monokultur fort und setzt mit allem Risiko auf die Hertha-Karte."

Hertha hatte Ende März angekündigt, ab 2025 in einer eigenen Arena spielen zu wollen - als mögliche Standorte galten bisher der Berliner Olympia-Park und der Brandenburg-Park in Ludwigsfelde als Favoriten. Wann endgültig über einen Neu- oder Umbau des Olympiastadions entschieden wird, ist derzeit noch offen. Zunächst müssen offene Fragen des Denkmalschutzes und der Finanzierung geklärt werden.

Doch allein die Gedankenspiele, die zum Verlust der berühmten blauen Laufbahn - auf der Usain Bolt seine Weltrekorde über 100 und 200 m bei der WM 2009 rannte - führen würden, machen Prokop wütend. "Damit werden nicht nur Millionen von Steuergeldern, die für die Renovierung des Stadions vor nicht einmal 15 Jahren verwandt wurden, verschleudert, sondern es werden weitere Millionen aufgewendet, nur um die Atmosphäre während eines Fußballspiels zu verbessern", sagte Jurist, der nicht in die Berliner Gespräche eingebunden war. Prokop kündigte in Zusammenarbeit mit dem Berliner Leichtathletik-Verband eine Bürgerinitiative "Rettet das Berliner Olympiastadion" an. Auch die Prüfung eines Bürgerbegehrens schließt Prokop nicht aus. Im Olympiastadion findet nächstes Jahr die Leichtathletik-EM statt.

Bürgermeister Müller hat bereits angekündigt, dass ein Umbau nicht automatisch das Ende der Leichtathletik im Olympiastadion bedeuten müsste. "Es ist nicht zwingend, dass sie nicht mehr im Stadion stattfinden kann. Man kann die Tartanbahn dauerhaft überbauen oder flexibel rückbaubar - das wird jetzt ausgelotet", sagte er der Tageszeitung B.Z.

Für diese Idee zeigte sich Prokop offen. Ein Ausweichen in den Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark kommt für ihn aber nicht infrage. "Für die Leichtathletik bedeutet der Abschied aus dem Olympiastadion, dass es in Berlin keine internationale Meisterschaften und in Deutschland keine Weltmeisterschaften mehr geben wird", sagte Prokop. Und Janetzky meinte: "Die internationale Leichtathletik verabschiedet sich dann für immer aus Berlin."

(sid)
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