"Da spricht die blanke Verzweiflung" Issinbajewas Doping-Anschuldigungen sorgt für Kopfschütteln

Moskau/Berlin · Jelena Issinbajewa hat unter anderem Deutschland des systematischen Dopings beschuldigt. Beweise lieferte die russische Stabhochsprung-Olympiasiegerin allerdings nicht.

 Stabhochsprung-Star Jelena Issinbajewa hat Deutschland systematisches Doping unterstellt.

Stabhochsprung-Star Jelena Issinbajewa hat Deutschland systematisches Doping unterstellt.

Foto: AFP

Zweieinhalb Wochen vor der Entscheidung über den Olympia-Start der russischen Leichtathleten geht Stabhochsprung-Star Jelena Issinbajewa zur Attacke über - und beschuldigt unter anderem Deutschland des systematischen Dopings.

"Wir alle wissen, dass in anderen Ländern wie USA, Großbritannien, Deutschland und Kenia einige Sportler disqualifiziert wurden. Die haben sich in Ruhe für zwei Jahre zurückgezogen, ohne das Training zu unterbrechen, und kamen danach zurück", sagte die Olympiasiegerin im umstrittenen und staatlich finanzierten Fernsehsender Russia Today: "Wir wissen, dass dort Doping systematisch eingenommen wird."

Beweise oder Namen nannte die 33-Jährige nicht. Sie löste eigentlich nur Kopfschütteln aus. "Da spricht die blanke Verzweiflung, wenn man solchen Unsinn verzapft", sagte Clemens Prokop, Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), dem SID: "Das Problem in Russland wird durch so etwas nicht gelöst. Das braucht man eigentlich nicht weiter kommentieren."

Voraussichtlich am 17. Juni entscheidet der Leichtathletik-Weltverband IAAF in Wien über die Wiederaufnahme des derzeit suspendierten russischen Leichtathletik-Verbandes RUSAF. Ganz offensichtlich sitzt die Angst vor dem Aus für Rio auch bei Issinbajewa tief.

Zudem untersucht eine Kommission der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA die Vorwürfe gegen Russland bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi 2014. Dort soll es ein staatlich geplantes Doping-System gegeben haben, mindestens 15 russische Medaillengewinner seien gedopt gewesen.

Sollten die Anschuldigungen von Gregori Rodtschenkow, dem damaligen Leiter des Anti-Doping-Labors, stimmen, fordern erste Stimmen bereits den kompletten Ausschluss Russlands von Rio. Selbst IOC-Präsident Thomas Bach hatte dieses Szenario zuletzt nicht ausgeschlossen. Erste Ergebnisse soll es Mitte Juli geben.

Issinbajewa kämpft gegen Olympia-Aus

Seit den Enthüllungen über die massiven Dopingverstöße in der russischen Leichtathletik kämpft Issinbajewa, die als Unterstützerin Wladimir Putins gilt, vehement gegen das Olympia-Aus. Zuletzt kündigte sie bereits eine Klage für den Fall an, dass sie nicht bei den Spielen in Rio starten dürfe.

"Ich habe Dopingkontrollen in der ganzen Welt gemacht habe, meine Proben waren immer negativ. Niemand hat das Recht, mir zu verbieten, dort zu starten, wo ich will", sagte die erfolgreichste Stabhochspringerin der Geschichte: "Ein Punkt in meiner Klage wird sich mit dem materiellen Schaden, der mir gerade zugefügt wird, beschäftigen. Durch die Sperre erhalte ich kein Geld mehr und habe mehrere Sponsoren verloren."

Für Issinbajewa wird das Thema Doping ohnehin zu sehr auf ihr Heimatland zugespitzt. "Ich kann nicht verstehen, warum jetzt alle nur in eine Richtung, nach Russland, schauen. Es existiert ein weltweites Dopingproblem, wir sind nicht das einzige Land damit", sagte sie: "Wenn die dieses Problem angehen wollen, dann sollen sie es machen. Aber sie sollen die Augen aufmachen und auch in andere Richtungen schauen."

Es ist nicht das erste Mal, dass Issinbajewa mit umstrittenen Äußerungen auf sich aufmerksam macht. Vor den Winterspielen in Sotschi hatte sie das Anti-Homosexuellen-Gesetz in Russland vehement verteidigt und war für ihre Äußerungen auch vom damaligen IOC-Präsidenten Jacques Rogge kritisiert worden. Issinbajewa, damals Bürgermeisterin des Olympischen Dorfes in Sotschi, hatte auf Übersetzungsprobleme verwiesen.

(sid)
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