Leichtathletik-WM in London Dreispringerin Eckhardt Teil einer Verschwörungstheorie

Neele Eckhardt ist am Montagabend Zwölfte im Dreisprung-Finale der WM von London geworden. So weit, so unaufgeregt. Doch zwei Tage nach ihrem Wettkampf taucht Eckhardt plötzlich ohne eigenes Zutun in einer Verschwörungstheorie auf, die rund um die WM hohe Wellen schlägt.

 Dreispringerin Neele Eckhardt im Sand von London.

Dreispringerin Neele Eckhardt im Sand von London.

Foto: rtr, tj

Gemeinsam mit dem als neuen Superstar der Leichtathletik auserkorenen Südafrikaner Wayde van Niekerk ist Eckhardt Teil einer Verschwörungstheorie. Was war passiert? Alles begann damit, dass der Weltverband IAAF am Dienstag Isaac Makwala aus Botswana vom 400-Meter-Finale ausschloss. Makwala war zwar für den Endlauf qualifiziert und auch einer der Favoriten, aber weil er sich tags zuvor vor seinem Vorlauf über 200 Meter im Stadion unwohl gefühlt hatte und übergeben musste, diagnostizierte ein Arzt im medizinischen Bereich des Stadions, zu dem er sich begeben hatte, Anzeichen für den hoch ansteckenden Noro-Virus, der schon 30 Athleten bei dieser WM befallen hat.

Analog zur Empfehlung der britischen Gesundheitsbehörde, so erzählt es die IAAF, habe Makwala deswegen für 48 Stunden in Quarantäne gemusst. Das 400-Meter-Finale war damit für ihn gelaufen. Makwala selbst wollte aber laufen und bestand darauf, er sei gesund. Auch sein Verband äußerte großes Unverständnis über die Entscheidung der IAAF.

An dieser Stelle betreten Neele Eckhardt und Wayde van Niekerk diese Geschichte. Denn Michael Johnson (49), früherer US-Olympiasieger über 200 und 400 Meter und heute Experte für die britische Rundfunkanstalt BBC, äußerte den Verdacht, man habe Makwala vor allem deswegen aus dem Verkehr gezogen, damit er die Goldmedaille für van Niekerk über 400 Meter nicht gefährden könne. Van Niekerk gewann dann auch tatsächlich. "Die Verschwörungstheorien werden nur so blühen", ließ Johnson wissen.

Zur Erklärung: Van Niekerk will als erster seit — ausgerechnet — Michael Johnson 1995 in Göteborg den WM-Titel über 400 und 200 Meter holen. Das 200-Meter-Finale mit dem Südafrikaner und Makwala steigt am Donnerstagabend (22.50 Uhr). Makwala durfte seinen Vorlauf am Mittwochabend alleine nachholen, qualifizierte sich fürs Halbfinale und überstand auch das dieses zwei Stunden später.

Die Rolle der Neele Eckhardt

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Und was hat Neele Eckhardt mit all dem zu tun? Im BBC-Bericht wird angeführt (ohne Beleg), die deutsche Dreispringerin sei im Vorfeld ihres Wettkampfes kollabiert und habe trotzdem starten können und dürfen — am Samstag in der Qualifikation und am Montag im Finale. Und Makwala wurde im Gegensatz dazu ausgeschlossen, weil er sich "nur" übergeben musste? Dieser von Johnson angestellte Vergleich sollte dazu taugen, die die Verschwörungstheorie erst recht zu befeuern.

Beim Deutschen Leichtathletik-Verband findet man das Ganze rein gar nicht witzig. "Neele Eckhardt hatte eine ganz andere Symptomatik, die nichts mit der Magen-Darm-Infektion zu tun hatte. Der Vorwurf ist absolut haltlos", teilte DLV-Mediendirektor Peter Schmitt auf Anfrage unserer Redaktion mit. Ob Eckhardt überhaupt kollabiert ist? Darüber gibt der DLV keine Informationen heraus.

Als nicht wirklich großer Fan der genannten Verschwörungstheorie outete sich schließlich auch IAAF-Präsident Sebastian Coe im "FAZ"-Interview. "Jeder, der andeutet, dass dies eine Verschwörung ist, lebt offensichtlich auf einem völlig anderen Planeten", sagte er mit Blick auf Johnsons Mutmaßungen. "Warum sollten wir ein Duell verhindern wollen, das diese Weltmeisterschaft geprägt hätte?" Ob das ein Olympiasieger in einer TV-Sendung andeute oder irgendwer sonst im Internet, "derjenige sollte sich ernsthaft fragen, ob er genug Luft kriegt", meinte Coe.

Und Neele Eckhardt? Die hätte sich wohl auch nicht träumen lassen, dass ihr zwölfter Platz bei ihrem WM-Debüt so einen Nachhall finden würde. So einen verzichtbaren, vor allem.

(klü)
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