Kolumne: Gegenpressing Ein Hoch den Funktionären!

Düsseldorf · Repräsentanten aller möglichen Sportarten beklagen sich ausdauerend darüber, dass sie im Schatten des aufgeplusterten Fußballs verkümmern. Vertreter der Leichtathletik waren diese Woche aber vielleicht ganz froh, dass die großen Schlagzeilen auch dieses Mal nicht ihrer Sportart, sondern den Spitzenfunktionären des Fußballs gehörten.

Kolumne: Gegenpressing: Ein Hoch den Funktionären!
Foto: dpa

Dass der Senegalese Lamine Diack, der 16 Jahre an der Spitze des Leichtathletik-Weltverbands stand, wegen Korruption in diesem Amt angeklagt wurde, ging im ganzen Getöse um Fifa, Uefa und vor allem DFB beinahe unter. Allüberall Lug und Trug. Auf der einen Seite ist es ein Jammer, was sich derzeit auf höchsten Ebenen der Sportpolitik abspielt; auf der anderen Seite aber ist es gut, dass mehr und mehr dieser Machenschaften ans Licht kommen.

 RP-Sportchef Martin Beils.

RP-Sportchef Martin Beils.

Foto: Phil Ninh

All dieses ekelhafte Geschiebe und Geklüngel dieser so genannten Ehren (!)-Amtler ist auch ein Schlag ins Gesicht für diejenigen, die viel Zeit und Kraft investieren, damit es auf den unteren Ebenen des Sports klappt. Denn das ist ja die Aufgabe der Funktionäre: Sie sorgen dafür, dass der Sport funktioniert. Ohne all die Präsidenten und Vorsitzenden, Kassen-, Sport- und Pressewarte, Schatzmeister und Beisitzer gäbe es unseren Sportbetrieb nicht, vor allem den Kinder- und Jugendsport, den Freizeit-, Breiten- und halbwegs ambitionierten Leistungssport nicht.

Unsere Funktionäre schlagen sich herum mit diffizilen Finanzangelegenheiten oder mit Brandschutzvorschriften. Sie bekommen Ärger mit ihren Ehepartnern, weil die Sitzungen doch immer länger dauern als geplant. Sie brüten bis spät in die Nacht über Konzepte zur Integration von Flüchtlingen, finden nicht in den Schlaf, weil sie die Probleme ihres Vereins hin und her wälzen. Und manche sagen angesichts der vielen Vorschriften, die sie beachten müssen, ein bisschen übertreibend: "Als Vereinsvorsitzender stehst du immer mit einem Bein im Gefängnis." Kein Wunder, dass es immer schwerer wird, Ehrenamtler zu gewinnen, die Verantwortung übernehmen.

Natürlich gibt es auch diejenigen, die im Amt ihre Eitelkeit ausleben, die Wichtigtuer und Grüß-Auguste, denen es allein ums eigene Wohl geht und die sich im Glanz der Erfolge ihrer Athleten sonnen. Aber die große Masse unserer Funktionäre übernimmt aus Überzeugung wichtige gesellschaftliche Aufgaben. Ihr Engagement ist der Kitt, der unser Gemeinwesen zusammenhält, wie der frühere Bundespräsident Johannes Rau formulierte.

Man macht sich ja gern lustig über die Vereinsmeierei, die in Deutschland so ausgeprägt ist wie nirgends. Doch was wäre ohne sie? Der alte Slogan "Im Verein ist Sport am schönsten" gilt. Nicht zuletzt dank fleißiger Funktionäre.

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(RP)
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