Landessportbund NRW stellt Forderungen Ganz schön sportlich

Düsseldorf · Der Landessportbund NRW hat sich zu einer mächtigen Lobbyvertretung entwickelt - und das lässt er die Politik spüren. Unter anderem auch dann, wenn es um mögliche Sommerspiel in NRW geht.

 Walter Schneeloch, Vizepräsident des Deutschen Olympischen Sportbunds.

Walter Schneeloch, Vizepräsident des Deutschen Olympischen Sportbunds.

Foto: Lothar Berns

Der organisierte Sport hat hierzulande ziemlich viel damit zu tun, sich um vieles zu kümmern, was nicht mit Sport zu tun hat. Es geht um Fragen der Integration, Inklusion, Quartiersentwicklung, um steigende Bürokratie, fehlende Ehrenamtler, Angebote in der Ganztagsschule und marode Anlagen. "Viele Vereine", sagt Walter Schneeloch, Präsident des Landessportbundes (LSB) in NRW, "sind damit komplett überfordert. Der Sport soll leisten, was in anderen gesellschaftlichen Bereichen nicht aufgefangen wird. Das ist für uns ein gigantisches Problem." Nebeneffekt dieser ganzen Aufgaben: Der LSB ist so zu einer mächtigen Lobbyvertretung für den Sport im Land aufgestiegen.

Die Politik unter der von Ministerpräsident Armin Laschet geführten Landesregierung ist sich der Bedeutung der Branche durchaus bewusst. Und so hat sich das Land NRW mit dem LSB erst unlängst auf einen neuen "Pakt für den Sport" geeinigt - insgesamt sind 210 Millionen Euro bis 2022 vorgesehen. Pro Jahr sind das 7,4 Millionen Euro mehr als bislang im Haushalt vorgesehen. Gleichwohl versucht man beim LSB, nicht das Gefühl aufkommen zu lassen, dass damit die Probleme auch nur ansatzweise gelöst wären.

Das Problem ist: Die Politik verknüpft ihre Gaben immer mit einem großen Anforderungskatalog. Der versucht das eine mit dem anderen zu verknüpfen - und viel zu oft gerät in einem Katalog von Anforderungen das aus dem Blick, für was das Geld ursprünglich eigentlich benötigt worden ist. "Am Ende geht es um einen kaputten Ballfangzaun, der nicht repariert werden kann, weil keine Mittel dafür zur Verfügung stehen", sagt Christoph Niessen, Vorstandsvorsitzender des LSB. "Oder ein Segelflugverein kann geforderte Investitionsmaßnahmen nicht leisten, und deshalb wird dann gleich der Flugplatz stillgelegt mit weitreichenden Folgen." Vereine standen lange alleine da. Für sie ist niemand auf die Straße gegangen, wer sich am Ende nicht mehr selbst helfen konnte, der ist irgendwann einfach von der Bildfläche verschwunden.

Der LSB tritt agressiver auf

Der LSB hat seit geraumer Zeit seine Taktik verändert und tritt deutlich aggressiver auf. Es gibt durchaus Vertreter in der Branche, die sehr sichtbar mit dem Kopf schütteln, wenn Schneeloch sich auf großer Bühne mit irgendeiner Forderung zu Wort meldet. Schneeloch selbst weiß natürlich um seine Außenwirkung - und lebt prächtig mit dem Image des herumpolternden Funktionärs. Er ist 70 Jahre alt, bis Ende 2018 ist er noch Vize-Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), danach will er sich nur noch auf seine Aufgabe beim LSB konzentrieren. "Wir waren lange vielleicht zu brav. Andere gesellschaftliche Bereiche haben es besser verstanden, für sich zu werben. Ich habe die Wertschätzung für den Sport lange vermisst", sagt Schneeloch, ein pensionierter Lehrer, der in seiner beruflichen Laufbahn unter anderem Dezernent für Schul- und Vereinssport beim Regierungspräsidenten Köln war. "Der Sport leistet unfassbar Wichtiges für diese Gesellschaft. Sport ist nicht nur Fußball-Bundesliga. Fünf Millionen Mitglieder sind in NRW-Vereinen aktiv. Und denen geben wir durch den LSB eine starke Stimme."

Schneeloch und Niessen verstehen es geschickt, die Macht des Sports für ihre Interessen zu nutzen. Und sie geben das auch ganz unverhohlen zu. Wenn es darum geht, ob Deutschland bei einer möglichen Bewerbung für die Olympischen Sommerspiele 2032 oder 2036 abermals den Hut in den Ring werfen sollte, sagen die Funktionäre: Ja, aber. Dieses "aber" hat es in sich. Denn es macht das neue Selbstbewusstsein deutlich. Der LSB kann sich durchaus Sommerspiele in NRW vorstellen, er knüpft dies allerdings an konkrete Bedingungen. Wenn die Politik nicht den Nachweis erbringt, sich nachhaltig für den Breitensport einzusetzen, wird der LSB seine Unterstützung verweigern. "In Köln", sagt Schneeloch, "tut man sich schon schwer, die Beleuchtung für eine Laufstrecke hinzubekommen. Erst wenn die Hausaufgaben gemacht sind, sollten wir über große Visionen miteinander reden."

Der Investitionsstau bei Sportstätten in NRW ist, wie unsere Redaktion exklusiv berichtet hat, nach wie vor gigantisch. Mehr als 2,5 Milliarden Euro fehlen, um die dringendsten Baustellen zu schließen. Ganz schön sportlich.

(gic)
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