Frodeno siegt beim Ironman Acht Stunden Quälerei auf Hawaii

Kaliua Kona/Düsseldorf · Jan Frodeno siegt nach 8:14:40 Stunden sportlicher Höchstleistung beim "Ironman" in Kaliua Kona. "Wie auf Wolke neun" fühlte sich der 34-Jährige. Über einen Triathleten, für den der Sport Identität bedeutet.

Wie ein achtstündiger Saunagang fühlt sich das an. Extreme Hitze und die hohe Luftfeuchtigkeit einer Lavawüste machen den Ironman auf Hawaii zum härtesten Triathlon der Welt. "Die Fußsohlen brennen, der Kopf platzt", sagt Jan Frodeno im Ziel. Doch er lacht. Denn nach 8:14:40, nach fast vier Kilometern Schwimmen (50:50 Minuten), 180 Kilometern Radfahren (4:27:27 Stunden) und 42 Kilometern Laufen (2:52:21) hat der gebürtige Kölner es bewiesen: Der härteste Mann der Welt ist ein Deutscher. Als Favorit war er in das Rennen gestartet. Und das, obwohl er erst vor zwei Jahren von der olympischen Distanz (1,5/40/10 km) in die Königsklasse, zum "Ironman" gewechselt ist. Denn eigentlich wollte er von Beginn an eines nicht: einen "Ironman" laufen.

Die Fakten zum Eisenmann sind schnell sortiert: 34 Jahre, 76 Kilogramm, 1,94 Meter - und fünf Prozent Körperfett. Das Resultat vieler Stunden purer Quälerei. Um die Motivation zur körperlichen Qual zu erklären, muss man genauer hinschauen: "Der Sport gibt mir eine Identität", hat Frodeno zu Beginn seiner Karriere einmal gesagt. In der Szene ist er bekannt als Tüftler, als Einser-Schüler, was die Akribie betrifft. Er feilt im Windkanal an der Aerodynamik, diszipliniert sich in allen Lebensbereichen.

Für Frodeno ist der Triathlon ein brutaler Job, bei dem es nur an die Spitze schafft, wer das Training zu hundert Prozent lebt. Für Hawaii quälte er sich stundenweise im drückend heißen Fitness-Raum in Girona (Spanien), Fenster geschlossen, Klimaanlage aus. "Mentale Härte", sagte er in einem Interview mit der "Welt", helfe ihm in den schweren Momenten. Die Zauberformel, mit der er sich und sein Material hinterfragt, lautet permanente Optimierung. Selbst in Momenten des Triumphs: Bei der WM über die Halbdistanz in Zell am See etwa, als Frodeno noch während des laufenden Rennens gedanklich an Kleinigkeiten hing, die er verbessern könnte. Und am Ende trotzdem als Sieger über die Ziellinie läuft. Der Perfektionist geht auch seine Trainingswoche diszipliniert an. Jede Woche 25 Kilometer Schwimmen, 432 Kilometer Radfahren und über 90 Kilometer Laufen. Doch nur in Kombination mit ausreichend Regeneration wirke das Training optimal. Nicht der Trainingsumfang, sondern die Zeit zur ausreichenden Regeneration unterscheidet den Profi von einer stetig wachsenden Zahl von Amateursportlern. Denn Triathlon begeistert die Massen.

Auf Hawaii sind 1700 Athleten gestartet. Die Grenzerfahrung des eigenen Körpers zu erleben, ist reizvoll, und das hat den Sport zu einem weltweit boomenden Geschäft gemacht. Mit "Dalian Wanda" hat erst kürzlich ein chinesischer Investor den bisherigen Sportveranstalter der "Ironman"-Serie, die World Triathlon Corporation (WTC), für etwa 650 Millionen Dollar aufgekauft. Damit hat er sich die Rechte für die Marke gesichert, unter deren Label jedes Jahr weltweit 25 Wettkämpfe veranstaltet werden.

Bei Jan Frodeno kam die Faszination für den Extremsport erst spät: Olympische Spiele 2000 in Sydney. Als 19-Jähriger erlebt er die Premiere des Triathlons bei Olympia. Frodeno kommt vom Schwimmen zum Ausdauer-Dreikampf. Vor zwei Jahren der Wechsel von der Kurzstrecke auf die Langdistanz. Nach einem Besuch in Kaliua Kona auf Hawaii war er gefangen von der Magie des ältesten Triathlons der Welt, der alles sein kann, zwischen Paradies und Hölle. Der Wettkampf 2015 ist zur besten Werbung für den deutschen Triathlon geworden. Durch den zweiten Platz von Andreas Raelert gelang sogar der schwarz-rot-goldene Doppelsieg. Insgesamt schafften es vier Deutsche unter die Top Ten. Vier Eisenmänner made in Germany.

Warum die Deutschen so erfolgreich sind, lässt sich auch mit der Popularität des jungen Sports beantworten: Der Konkurrenzkampf ist besonders groß. Seit der Triathlon-Gründerzeit in den Achtzigern gelangen bereits fünf deutsche Siege: 1997 Thomas Hellriegel, 2004 und 2006 Normann Stadler, 2005 Faris Al-Sultan und 2014 Sebastian Kienle. Diese Kultur konnte aktuellen Erfolgen den Weg ebnen. In dieser Tradition leuchtet Jan Frodeno derzeit als hellster Stern am Himmel der Sportverrückten. Als Einziger hat er es geschafft, nach den Olympischen Spielen 2008 nun auch den hawaiianischen "Ironman" zu gewinnen. Gerade im Ziel, sagt der werdende Vater, er fühle sich "wie auf Wolke neun, oder sieben, oder 35." Ein Satz, der nach Stunden purer Qual nur einem wahren König des Triathlons über die spröden Lippen kommt, der den Sport liebt.

(RP)
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