André Schürrle "Ich bin noch da"

Hannover/Düsseldorf · Vom Sorgenkind zum Matchwinner: Nach Wochen auf der Reservebank brachte Weltmeister André Schürrle den VfL Wolfsburg mit einem Dreierpack zurück ins Rennen um Europa - und sich ins Blickfeld von Bundestrainer Joachim Löw.

André Schürrle erzielt seinen ersten Bundesliga-Dreierpack
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Schürrle erzielt ersten Bundesliga-Dreierpack

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Foto: dpa, pst kno

André Schürrle genoss den Trubel. Mit den Händen tief in den Taschen seiner schwarzen Daunenjacke und mit einem breiten Grinsen im Gesicht verlieh der Weltmeister des VfL Wolfsburg seiner beeindruckenden Bewerbung beim Bundestrainer mit Worten noch einmal Nachdruck. "Das war extrem wichtig, um Jogi Löw zu zeigen, dass ich noch da bin", sagte Schürrle nach seiner Drei-Tore-Gala im Derby bei Hannover 96.

Nach schwierigen Wochen auf der Ersatzbank und harter öffentlicher Kritik des Vereins schoss der Angreifer die Wölfe fast im Alleingang zum 4:0 (1:0)-Kantersieg beim ungeliebten Nordrivalen - und sich drei Monate vor der EM in Frankreich wieder in den Blickpunkt von Bundestrainer Löw.

"So eine Leistung tut der Seele und dem Selbstvertrauen extrem gut", sagte der 25-Jährige nach seiner denkwürdigen Show in der niedersächsischen Landeshauptstadt: "Es wurde viel geschrieben und viel erzählt. Ich glaube, es war die richtige Antwort."

Mit seinem ersten Dreierpack in der Bundesliga erzielte Schürrle in nur einem Spiel mehr Treffer als in seinen vorherigen 33 Liga-Partien für den VfL zusammen. 100 Tage vor dem EM-Start zeigte der Wolfsburger 32-Millionen-Euro-Einkauf, der Mario Götzes goldenen Treffer im WM-Finale 2014 vorbereitet hatte, sein bestes Spiel im VfL-Trikot.

"Ich freue mich sehr für André", sagte Trainer Dieter Hecking, der den Stürmer zuletzt nicht berücksichtigt hatte: "Er hatte eine Phase, in der es ihm nicht ganz gutging. Ich hoffe, dass er aus diesem Dreierpack für sich Selbstvertrauen zieht." Zunächst traf der Startelf-Rückkehrer nach feinem Zuspiel von Julian Draxler (36.) zum 1:0, im zweiten Abschnitt legte er seine Saisontore drei und vier (59. und 62.) nach. Draxler erhöhte in der 69. Minute auf 4:0.

Im Duell um die Champions League am Samstag gegen Borussia Mönchengladbach müssten es zwar nicht drei Schürrle-Tore sein, so Hecking mit einem Augenzwinkern, "aber wenn er das entscheidende macht, wäre das auch schon gut".

Für Schürrle war es der insgesamt vierte Dreierpack seiner Karriere. Für den FC Chelsea gelang ihm das Kunststück am 1. März 2014 gegen Fulham, also exakt zwei Jahre vor der Partie in Hannover. Zudem traf er für die Nationalmannschaft gegen Gibraltar und Schweden jeweils dreifach. "So schnell vergisst man so etwas nicht", sagte Schürrle. Auch VfL-Geschäftsführer Klaus Allofs verteilte nach dem glanzvollen Comeback ein Sonderlob für sein Sorgenkind der vergangenen Wochen. "Neben den drei Punkten war das heute etwas ganz Wichtiges", sagte Allofs. Ein Haar in der Suppe fand nur Schürrle selbst. "Ein bisschen ärgerlich ist, dass ich vier Tore hätte machen müssen", sagte er und zog vergnügt von dannen.

Getrübt wurde die Wolfsburger Freude über den Befreiungsschlag im Kampf um die internationalen Plätze nur durch ein paar VfL-Chaoten, die kurz vor dem Anpfiff eine Leuchtrakete auf die Hannoveraner Reservebank feuerten. Profis und Mannschaftsverantwortliche blieben zwar unverletzt, der VfL muss aber mindestens mit einer hohen Geldstrafe rechnen. "Wir können das nicht tolerieren. Gott sei Dank ist keiner verletzt worden", sagte Hecking. Sein Gegenüber Thomas Schaaf wurde noch deutlicher. "Wer so etwas macht, ist kein Fan, sondern ein Schwachkopf."

(RP)
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