Terminstreit zwischen HBL und EHF Ein Bärendienst für den Handball

Meinung | Düsseldorf · Weil die Termine in der Handball-Bundesliga und der Champions League kollidieren, stehen der THW Kiel und die Rhein-Neckar Löwen im Regen. Die deutschen Top-Klubs sind der Spielball in einem unsäglichen Streit.

 Nikolaj Jacobsen, Trainer der Rhein-Neckar Löwen.

Nikolaj Jacobsen, Trainer der Rhein-Neckar Löwen.

Foto: dpa, ua

Die einen vergießen angesichts des Trauerspiels viele Tränen der Wut und Enttäuschung, die anderen genießen die Komödie mit Freudentränen in den Augen. So kann man sich die Reaktionen vorstellen, die der unsägliche Streit um Termine in der Handball-Champions-League produziert.

Eines vorweg: Außerhalb Handball-Deutschlands bringt keiner Verständnis für diese Situation auf. Warum auch? Dort wird sich auch das Geschrei über einen Schaden für den Handball in Grenzen halten. Dass man in Szeged und Kielce wenig Interesse hatte, die verfahrene Karre aus dem Dreck zu ziehen und vom Spieltag 24. März auf den 21. oder 22. März auszuweichen, ist nachvollziehbar. Vielleicht war die Halle ja belegt, vielleicht waren die TV-Übertragungen schon festgelegt, vielleicht waren Zusagen gegenüber Sponsoren einzuhalten und, und, und...

Das ungarische Team aus Szeged tritt nun am 21. März zunächst in Kiel an und hat am 1. April den vermeintlichen Vorteil, in eigener Halle um den Einzug ins Viertelfinale zu spielen. Polens Meister Kielce darf schon für die Runde der letzten acht planen, da der deutsche Titelträger Rhein-Neckar Löwen auf seinem Recht beharrt, zuerst in Kielce und am 1. April in Mannheim antreten zu können, und deshalb seine Drittliga-Mannschaft (Altersschnitt: unter 20 Jahre) im Hinspiel einsetzen will.

Bei den deutschen Klubs ist man sauer, und das zu Recht. Sie sind der Spielball im Machtkampf zwischen dem europäischen Verband (EHF) und der Bundesliga (HBL). Die Liga wollte den 24. März für Werbung in eigener Sache nutzen. Die Fußball-Bundesliga macht Pause, da war die Terminierung des Schlagers THW Kiel gegen Rhein-Neckar Löwen, der in der ARD live übertragen wird, eigentlich ein cleverer Schachzug. Dumm nur, dass der Zeitraum vom 21. bis 25. März für die Achtelfinal-Hinspiele der Champions League vorgesehen war. Und dies war seit Langem bekannt.

Keinen Plan B zu haben, der unabhängig von Dritten das Problem lösen könnte, ist der Vorwurf, den sich die HBL gefallen lassen muss. Sie hat die Interessen ihrer Klubs zu vertreten, und das nicht nur intern (wie mit der Ansetzung des Topspiels an einem fußballfreien Tag geschehen), sondern auch international. Die Profis der Rhein-Neckar Löwen und des THW Kiel haben sich zunächst in 34 Begegnungen der vergangenen Bundesliga-Saison und dann in den 14 Gruppenspielen der Königsklasse in die Lage versetzt, das Final Four in Köln erreichen und um die Krone des europäischen Vereinshandballs kämpfen zu können. Sie haben alles getan und werden nun im Regen stehengelassen.

Es ist sicherlich richtig, dass der deutsche Markt ein wichtiger für den Handball ist - ohne ihn bleibt aber nicht das Herz des Handballs stehen. Auch stimmt es, dass EHF und HBL nicht gerade ein inniges Verhältnis haben. Die Aufblähung der Champions League macht die Arbeit der HBL nicht leichter. Die Rhein-Neckar Löwen hatten angeboten, am Tag nach dem Kiel-Spiel in Kielce anzutreten. Schon einmal hatten die Profis so eine Knochentour absolviert. Keine 25 Stunden nach dem 29:23 in Leipzig entführten die Männer von Trainer Nikolaj Jacobsen beim FC Barcelona einen Punkt (26:26). Die harsche Kritik an diesem Doppelspieltag hatte die EHF noch immer in den Ohren, als sie jetzt das Angebot ablehnte mit dem Hinweis, dass die Belastungen für die Spieler zu groß seien. Ob beim Verfassen der Absage eine Schadenfreude herrschte, ist nicht überliefert.

Klar ist. Das Kerngeschäft der deutschen Vereine ist die Bundesliga. Die deutsche Meisterschaft ist das oberste Ziel. In der Liga werden die Startplätze für die Champions League vergeben, in der die Bundesliga künftig nur noch zwei statt bisher drei Startplätze erhält. Deshalb hat der Bundesliga-Gipfel für beide Klubs die oberste Priorität.

EHF und HBL haben dem Handball einen Bärendienst erwiesen. Dass die Rhein-Neckar Löwen nun mit ihrer zweiten Mannschaft nach Kielce fahren wollen, ist konsequent, verursacht aber eine Farce, die Spielern, Sponsoren und Fans nicht gefallen kann. Abgesehen davon, dass die Drittligaspieler in Östringen ein Heimspiel gegen den TV Neuhausen bestreiten sollen. Der Anwurf soll nur 24 Stunden vor dem Spielbeginn in Kielce erfolgen. Für die von André Berthold und Michael Abt trainierten Amateure wohl kein Problem...

(cze)
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