Handball-EM Wolff ist Deutschlands neuer Hexenmeister

Breslau/Düsseldorf · Mit überragenden Paraden ist der 24-Jährige zum Rückhalt des DHB-Teams bei der Europameisterschaft geworden.

Handball-EM: Deutschland ringt Schweden nieder
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Deutschland ringt Schweden nieder

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Foto: dpa, dw ss

Viele Handballtrainer zögern, ihren Torhüter auszuwechseln. Sie hoffen auf diese eine Aktion, die den Mann zwischen den Pfosten wieder stark werden lässt. Dagur Sigurdsson gehört nicht dazu. Beim EM-Auftaktspiel gegen Spanien (29:32) holte er Routinier Carsten Lichtlein (35) nach 17 Minuten vom Feld, gegen Schweden reagierte er schon nach elf Minuten und schickte erneut Andreas Wolff ins Tor. Anders als gegen die Iberer wurde beim 27:26 (13:17) gegen die Skandinavier Wolffs erneut überragende Leistung belohnt.

"Das war ganz okay", sagte der 24-Jährige. Wenn das Adrenalin im Körper abgebaut ist, gibt sich Wolff bescheiden. "Ich erhebe jetzt keine Ansprüche. Man sollte nicht an seiner Position rütteln", antwortete er auf die Frage, ob sich die Hierarchie im Tor verändert habe. Lichtlein, der vor einem Jahr eine überragende WM spielte, wurde in Breslau zweimal kalt erwischt. An den Qualitäten des Gummersbachers bestehen keine Zweifel, und vermutlich werden sie noch gefragt sein. "Das war Weltklasse", beschrieb Lichtlein den Auftritt seines Teamkollegen.

Ob er heute im letzten Gruppenspiel gegen Slowenien (17.15 Uhr/Live-Ticker) erneut anfangen wird, ist unwahrscheinlich. Wolff, wie Lichtlein früher beim TV Kirchzell und TV Großwallstadt aktiv, hat einen Lauf. "Schweden hat Angst vorm großen, bösen Wolff?", titelte die Europäische Handball Föderation (EHF) auf ihrer Internetseite. Dass sich die Aussichten der deutschen Auswahl, als eine von drei Mannschaften in die Hauptrunde einzuziehen, verbessert haben, ist auch dem in Euskirchen geborenen 1,98-m-Mann zu verdanken, der mit seinen 108 Kilo zu einem großen Hindernis für jeden Werfer werden kann.

"Er hat uns mit seiner Art geholfen", lobte Sigurdsson seinen letzten Mann, der Pfannkuchen als seine Lieblingsspeise nennt und sich bei Spaziergängen mit seiner Verlobten Samira und den Hunden entspannen kann. In der schwachen ersten Halbzeit hielt Wolff sein Team im Spiel. Im zweiten Durchgang raubte er den Schweden dann endgültig den Nerv. "Da haben wir die Röckchen mit den Boxhandschuhen getauscht", beschrieb DHB-Vizepräsident Bob Hanning. Mit ihrer offensiven, aggressiven Abwehr legten sie die Basis zum wichtigen Erfolg, gingen im Angriff auch da hin, wo es wehtat - und sie konnten sich auf den "Bär" im Tor verlassen. Er wehrte 13 von 31 Würfen ab. 42 Prozent - eine Wahnsinnsquote.

Nicht wenige hatten gestutzt, als Sigurdsson sich gegen die langjährige Nummer eins, Silvio Heinevetter, und für Andreas Wolff als einen von 14 EM-Debütanten im Team entschieden hatte. Der Isländer, der seit seinem Amtsantritt vor eineinhalb Jahren einen Kader zusammengestellt hat, der noch viel Potenzial besitzt, traf eine gute Wahl. "Wir freuen uns auf dich", twitterte der THW Kiel nach dem Schweden-Spiel. Wolff wechselt bereits im Sommer, ein Jahr früher als geplant, von der HSG Wetzlar zum deutschen Rekordmeister.

(RP)
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