Handball-EM Europameister! Wolff ist der Superheld unter Helden

Krakau · Deutschlands Handballer haben ihren sensationellen Auftritt bei der EM mit Gold gekrönt. Dank eines schier unüberwindbaren Torwarts Andreas Wolff sowie einer grandiosen kämpferischen und taktischen Leistung setzte sich die junge Mannschaft von Trainer Dagur Sigurdsson mit 24:17 (10:6) gegen den zweimaligen Weltmeister Spanien durch.

Andreas Wolff wird zum "Tier": Der Held des Handball-EM-Finales 2016
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Wolff wird im Finale zum "Tier"

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In der Kabine floss der Schampus schon vor der Siegerehrung in Strömen, als Deutschlands neue Handball-Helden die EM-Trophäe in den Händen hielten, begann die Nonstop-Party so richtig. Die junge Mannschaft von Trainer Dagur Sigurdsson hat ihren sensationellen Auftritt bei der EM mit dem Titel gekrönt, dank des schier unüberwindbaren Keepers Andreas Wolff und einer grandiosen Teamleistung deklassierte die DHB-Auswahl den zweimaligen Weltmeister Spanien mit 24:17 (10:6).

"Das war eine unglaubliche Leistung. Diese Mannschaft hat heute Geschichte geschrieben mit ihren jungen Jahren", sagte DHB-Vizepräsident Bob Hanning, ehe Carsten Lichtlein am Sonntagabend um 19.37 Uhr im rot-goldenen Konfettiregen der Krakauer Arena die EM-Trophäe hochreckte.

Handball: Dagur Sigurdsson und die Schale fliegen hoch
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Sigurdsson und die Schale fliegen hoch

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"Ich ziehe meinen Hut vor dieser herausragenden Leistung", erklärte Bundesinnenminister Thomas de Maizière. "Dagur Sigurdsson hat aus der jungen Mannschaft ein tolles Kollektiv geformt, das uns alle begeistert hat. Stark für den deutschen Handball, stark für den deutschen Sport!", meinte der für den Sport zuständige Minister.

"EUROPAMEISTER!! Ihr seid der absolute Wahnsinn! Glückwunsch", twitterte Fußball-Weltmeister Bastian Schweinsteiger. "Glückwunsch @DHB_Teams #Europameister #GERESP #BadBoys #miasanalleeuropameister", schrieb der deutsche Fußball-Rekordmeister FC Bayern München. "Ich glaube, es ist eine der größten Sensationen im deutschen Handball. Da muss man mit Superlativen nicht sparen", meinte Ex-Handballstar und ARD-Experte Stefan Kretzschmar. Nur 17 Tore ließ noch nie eine Mannschaft in einem Finale zu.

Weit vor dem Ende hüpften die Spieler an der Seitenlinie, Sigurdsson drückte jeden einzelnen seiner Handball-Helden. Teilweise in Sieger-T-Shirts mit goldener Aufschrift "badboys" kosteten die deutschen Spieler jede Sekunde aus. "Diese badboys sind der absolute Wahnsinn", meinte Teammanager und 2007-Weltmeister Oliver Roggisch.

Handball: Das sind Deutschlands neue Helden
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Das sind Deutschlands neue Helden

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Es ist der größte Erfolg für den Deutschen Handballbund seit dem WM-Titel 2007. Mit der Goldmedaille um den Hals und dem Direktticket für die Olympischen Spiele in Rio in der Tasche darf sich die DHB-Auswahl an diesem Montag bei der Party in Berlin feiern lassen.

Dabei herrschte schon in der Tauron-Arena von Krakau Heimspiel-Atmosphäre. Als das deutsche Team den ersten Angriffsversuch der Spanier, die im ersten EM-Duell in Polen Deutschland noch 32:29 besiegt hatten, erfolgreich blockte und den Ball eroberte, brandete tosender Applaus unter den 15 000 Zuschauern aus. Erst recht beim 1:0 durch Linksaußen Rune Dahmke. Und in Deutschland drückte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel die Daumen.

Worauf es ankam, um zum zweiten Mal nach 2004 den EM-Titel nach Deutschland zu holen, war klar. "Wir müssen eine sehr starke Abwehr haben", betonte Sigurdsson unmittelbar vor dem Anpfiff. Und seine Jungs, formiert in einer 6:0-Deckung, setzten das brillant um, erlaubten den Spaniern in den ersten sechs Minuten der Partie nicht mal einen einzigen Treffer. Erst per Siebenmeter überwanden die Iberer erstmals den überragenden Wolff.

Unbeeindruckt setzte die deutsche Mannschaft auch Sigurdssons zweite Forderung um: schnell umschalten. Die Folge: eine 4:1-Führung in der neunten Minuten nach dem dritten Tor von Joker Kai Häfner. Der Nachrücker hatte schon den entscheidenden Treffer im Halbfinale zum 34:33 nach Verlängerung gegen Norwegen erzielt. Die Treffer zeigten Wirkung bei den Spaniern. Die Blicke wurden schon etwas verzweifelt.
Egal, was sie versuchten, letztlich kamen sie entweder am deutschen Abwehrblock oder am grandios aufgelegten Torwart nicht vorbei. Von den Rängen hallten bereits "Andy-Wolff"-Sprechchöre.

Und der 24 Jahre alte Keeper von der HSG Wetzlar zeigte weiter, warum er wie Rechtsaußen Tobias Reichmann ins EM-Allstar-Team gewählt wurde. "Andy hält überragend. Wir haben uns sehr gut auf die Spanier eingestellt. Und wenn mal einer durchkommt, hat er ihn", meinte der von Wolff als Nummer 1 verdrängte Carsten Lichtlein. Nach gut elf Minuten gelang den Spaniern erst das erste Feldtor.

Mickrige sechs Treffer ließen Wolff und seine Vorderleute in der ersten Hälfte nur zu: Dies oder noch weniger Gegentreffer gab es bei allen vorangegangenen 47 EM-Spielen in Polen nur einmal (Frankreich - Weißrussland zur Pause 20:5). In einem EM-Finale passierte das aber noch nie. "Da steht eine deutsche Mauer", meinte Ex-Handballstar und TV-Experte Stefan Kretzschmar bei der ARD.

Und sie bröckelte auch nach der Pause nicht. Wolff, hernach zum besten Spieler der Partie gewählt, schraubte seine Paradenbilanz zwischenzeitig auf unfassbare 56 Prozent hoch. Selbst der zweite verworfene Siebenmeter von Reichmann kurz nach der Pause war zu verschmerzen. Denn auch die Spanier trafen nicht aus sieben Metern, Wolff schien sie regelrecht zermürbt zu haben: 15 Minuten vor Ende der Partie führte Deutschland mit sieben Toren (16:9). Auf den Rängen fieberten auch die verletzten Leistungsträger Steffen Weinhold, Kapitän des Teams, und Christian Dissinger mit.

Selbst wenn die Spanier ihrerseits, meist durch Siebenmeter mal trafen, die von Sigurdsson perfekt eingestellten Deutschen hatten stets die richtige Antwort. So wie Deutschlands erfolgreichster Werfer, Kai Häfner, als er mit seinem siebten Treffer wieder eine Sieben-Tore-Führung herstellte. Wie im Rausch setzte die DHB-Auswahl die Demütigung der hilflosen Spanier fort. "Wir haben eine Mannschaft gesehen, die wie in jedem Spiel 110 Prozent gegeben hat. Die Jungs haben es sowas von verdient."

(areh/dpa)
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