Schlappe im Olympia-Test Sigurdsson liest Spielern wegen lascher Einstellung die Leviten

Straßburg · Die Niederlage gegen Dänemark tut den deutschen Handballern weh, kommt aber vielleicht zur rechten Zeit. Torhüter Andreas Wolff fordert eine andere Einstellung. Beim letzten Härtetest vor Olympia wartet nun Ägypten statt des Spitzenspiels gegen Frankreich.

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Foto: dpa, arn lof

Dagur Sigurdsson hatte Redebedarf. Die deutliche 19:25 (8:12)-Schlappe seiner Handballer gegen Dänemark und ihr Zustandekommen hatten den Bundestrainer so verärgert, dass er seine Schützlinge nach dem Spielende kurzerhand in der Kabine versammelte und ihnen mehr als eine Viertelstunde lang die Leviten las. "Es ist ja auch nicht unser Anspruch, dass wir nicht mit der 100-prozentigen Aggressivität zu Werke gegangen sind. Das haben wir uns auch anders vorgenommen. Wir müssen uns schon jeder Gedanken machen", sagte Mannschaftskapitän Uwe Gensheimer anschließend kleinlaut.

Durch die Niederlage am Freitagabend im französischen Straßburg verpasste der Europameister das Finale beim Vier-Nationen-Turnier an diesem Sonntag und damit das Top-Duell gegen Olympiasieger und Weltmeister Frankreich. Stattdessen wartet nun beim ersten und letzten Härtetest vor Olympia im Spiel um Platz drei (15.30 Uhr/sportdeutschland.tv) der unbequeme Afrika-Meister Ägypten.

"Unterirdische Wurfquote"

Der Bundestrainer hatte viel zu bemängeln. Er kritisierte vornehmlich eine "unterirdische Wurfquote" und eine zu lasche Einstellung. "Uns hat in allen Bereichen die letzte Konsequenz gefehlt", monierte der Isländer. Dabei bekam er Unterstützung von Torhüter Andreas Wolff, der wie gewohnt Klartext redete. "Man kann kein Spiel halbherzig gewinnen", befand der zum Ostsee-Club THW Kiel gewechselte Schlussmann und fand einen Vergleich aus der Seefahrt: "Ich hoffe, dass das zur rechten Zeit nur ein Schuss vor den Bug war und wir die Kehrtwende hinbekommen."

Besonders wurmte ihn, dass das deutsche Team zwar Europameister ist, aber nicht wie einer gespielt hat. "Es kommt nicht darauf an, wie man sich nennt, sondern dass man Leidenschaft, Kampf und Herz an den Tag legt. Man kann sich nicht für den Größten halten und denken, dass wir spielerisch mit allen mithalten können", wetterte der Held vom EM-Finale in Polen.

Für Wolff ist klar, dass bis zu den Olympischen Spielen der Team- und Kampfgeist von der Europameisterschaft wiederbelebt werden muss. Er forderte Konzentration und gute Vorbereitung auf die Spiele, damit die Mannschaft guten Handball spielen kann. "Wenn wir aber jetzt meinen, dass das alles ein Selbstläufer wird, dann fallen wir spätestens in Brasilien ganz schön auf die Fresse", sagte Wolff und warnte damit vor Überheblichkeit.

Die deutsche Mannschaft fand zu keiner Zeit ihren Rhythmus. Viele leichte Ballverluste und Fehlwürfe en masse führten immer wieder zu Gegentoren. Da wollte Andreas Wolff auch den glitschigen Ball durch die hohe Luftfeuchtigkeit in der schwül-heißen Halle nicht als Ausrede gelten lassen. Schließlich hätten die Dänen das Problem ja gemeistert. "Nach so einem Spiel brauchen wir uns nicht auf externe Einflüsse und Faktoren zu berufen", meinte er.

Gegen Ägypten nun will der Europameister wieder ein anderes Gesicht zeigen: aggressiv, torhungrig, erfolgsorientiert. "Da müssen wir eine bessere Leistung bringen", forderte Bundestrainer Sigurdsson. Denn eines hat er seinen Spielern bei seiner Ansprache deutlich gemacht: "Ich bin kein Fan davon, dass man verlieren muss, um zu gewinnen. Ich will lieber die Spiele gewinnen und so in den Rhythmus kommen."

(dpa)
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