Nationaltorwart Wolffs neues Revier liegt in Polen

Düsseldorf · Spätestens im Sommer 2019 wechselt der Nationaltorhüter Andreas Wolff vom THW Kiel zum Handball-Meister Kielce. In Kiel erfüllten sich seine großen Hoffnungen nicht.

Andreas Wolff wird zum "Tier": Der Held des Handball-EM-Finales 2016
12 Bilder

Wolff wird im Finale zum "Tier"

12 Bilder
Foto: dpa, jew hpl

Vom Band wurde zunächst Wolfsgeheul eingespielt. Dann war der Song "The Big Bad Wolf" zu hören, als sich Andreas Wolff auf den Weg zum Tisch machte, an dem der 26-Jährige wenig später einen Vierjahresvertrag unterschrieb. Spätestens ab Sommer 2019 trägt der Torhüter das Trikot des polnischen Topklubs KS Kielce. In den Gesprächen mit Vereinsboss Bertus Servaas und Trainer Talant Djusehbaev, dessen Vertrag bei derselben Pressekonferenz bis Sommer 2023 verlängert wurde, habe er festgestellt, dass "hier Handball mit Herzblut gemacht wird. Das ist eine Mannschaft, mit der ich sehr viel Spaß haben kann".

Spaß und vor allem Erfolge hatte sich Andreas Wolff auch erhofft, als er im November 2015 seinen Wechsel vom Bundesligisten HSG Wetzlar zum THW Kiel bekannt gab. Der deutsche Rekordmeister schien die perfekte Adresse für den ehrgeizigen Schlussmann zu sein. Doch die großen Hoffnungen erfüllten sich nicht. Auch war der Zeitpunkt aus finanziellen Gesichtspunkten nicht günstig. Zwei Monate, nachdem er in Kiel unterschrieben hatte und mit angeblich 20.000 Euro brutto monatlich entlohnt wurde, stieg Wolff beim EM-Gewinn in Polen vom guten Bundesligatorhüter zum Star auf seiner Position auf. Seitdem gehört er zu den weltbesten Keepern. In Kiel aber gab es bereits einen Könner: Niklas Landin. Der Däne war 2015 von den Rhein-Neckar Löwen gekommen.

Seit einiger Zeit ließ Wolff anklingen, dass er mit seiner Rolle nicht glücklich ist. In wichtigen Spielen setzte Trainer Alfred Gislason aus Sicht des deutschen Nationaltorwarts zu oft auf seinen Rivalen. Der Versuch, mit Wolff vorzeitig zu verlängern, scheiterte. "Es ist sehr wichtig, dass rechtzeitig Planungssicherheit entsteht und alle Beteiligten sich auf die Aktualität konzentrieren können", sagte THW-Geschäftsführer Thorsten Storm. Sicher ist, dass Wolff die derzeit in einer schwierigen Phase steckende Mannschaft verlässt. Vielleicht sogar schon nach Ablauf der Saison. Als er in Kiel unterschrieb, war der Wechsel auch erst für den Sommer 2017 geplant. Doch Wolff ging schon ein Jahr früher. Wahrscheinlich ist ein vorzeitiger Wechsel zum Champions-League-Sieger von 2016 nur eine Frage der Ablösesumme.

Offenbar haben die Kieler schon einen Nachfolger im Blick. Johannes Bitter, lange Jahre ein Rückhalt im Nationalteam und Weltmeister 2007, zieht es offenbar zurück in den Norden. Noch spielt der 35-Jährige, der in Oldenburg geboren wurde, beim Erstligisten Stuttgart.

Zurzeit läuft es bei Wolff nicht rund. Er steht im Schatten von Landin. Beide Torhüter konnten das bislang enttäuschende Abschneiden des einstigen deutschen Vorzeigeklubs nicht verhindern. "Wir können die Kurve kriegen, wenn die Jungs locker bleiben", sagte Trainer Gislason. "Es ist eine schwierige Situation. Die Mannschaft ist ziemlich verunsichert, das ist nicht zu übersehen." Der Isländer arbeitet seit 21 Jahren als Trainer in der Bundesliga, seit 2008 in Kiel. An Manager Storm prallt die Kritik am 58-Jährigen noch ab. Er sieht die Mannschaft in der Verantwortung. "Nein", antwortete Gislason nach dem 28:30 vor vier Tagen bei den Rhein-Neckar Löwen auf die Frage, ob er an Rücktritt denke.

Kiel fehlt ein Anführer, wie es der seit Monaten verletzte Kroate Domagoj Duvnjak ist. Die Qualität der Mannschaft ist nach wie vor gut. Patrick Wiencek, René Toft Hansen, Christian Dissinger, Steffen Weinhold, Marko Vujin, Duvnjak-Ersatz Miha Zarabec, Nikola Bilyk und Lukas Nilsson schaffen es allerdings nicht, dass die Gegner wie früher mit Respekt in ein Spiel gegen Kiel gehen. Der Rekordmeister ist "normal" geworden. 6:8 Punkte in der Liga und durchwachsene Auftritte in der Champions League sind Ausdruck der mentalen und spielerischen Krise.

Eigentlich wollte man die Serie fortsetzen, die 2015 und 2016 von den Rhein-Neckar Löwen unterbrochen wurde. Doch von der 21. Deutschen Meisterschaft ist man im Norden weit entfernt. Dort ist man schon froh, wenn heute ein Sieg in der Liga beim HC Erlangen gelingt.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort