Konsequenzen aus der Skripal-Affäre Politik diskutiert Boykott der WM

Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann spricht sich gegen einen Boykott der Fußball-WM in Russland aus. Dass zumindest hochrangige deutsche Politiker dem Turnier fernbleiben, ist allerdings durchaus denkbar.

 SPD-Politiker Thomas Oppermann.

SPD-Politiker Thomas Oppermann.

Foto: dpa, mkx gfh

Der Westen hat die Fußball-Weltmeisterschaft in Russland als zusätzliche Möglichkeit entdeckt, um den politischen Druck auf Staatspräsident Wladimir Putin zu erhöhen. Nachdem Großbritannien und Island als Reaktion auf den Anschlag auf den ehemaligen russischen Doppelagenten Sergej Skripal bereits angekündigt hatten, keine Politiker zum Turnier zu entsenden, und Australien dasselbe in Erwägung ziehen will, diskutiert nun auch Deutschland über einen solchen Schritt und dessen Signalwirkung.

Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann sprach sich gegen einen Boykott aus. "Fußball verbindet und sollte Deutschland und Russland nicht trennen", sagte der SPD-Politiker unserer Redaktion. Dies gelte vor allem für die Zivilgesellschaft, und diese Chancen sollten nicht vertan werden. Oppermann verwies darauf, dass die Winterspiele in Südkorea sogar dafür genutzt worden seien, "den Dialog zwischen Nord und Süd zu beleben".

Russland wird beschuldigt, im englischen Salisbury Skripal und dessen Tochter vergiftet zu haben. Beide haben nach Angaben einer Verwandten nur eine sehr geringe Überlebenschance. Die Prognose sei nicht gut, sagte die Nichte des 66-Jährigen der BBC. Im Zuge des Anschlags haben inzwischen mehr als 26 Staaten insgesamt mehr als 140 russische Diplomaten ausgewiesen. Deutschland wies vier Russen aus.

Kremlsprecher Peskow: "Wichtig ist, dass die Mannschaften spielen"

Russland bestreitet die Vorwürfe und wies einen geplanten Boykott der WM durch westliche Politiker als sinnlos zurück. "Das wird kaum eine Auswirkung auf die sportliche Feier haben", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Mittwoch in Moskau. "Wichtig ist nicht, ob irgendwelche Beamte oder offizielle Vertreter kommen, sondern, dass die Mannschaften spielen." Russlands Antwort auf die Ausweisungen werde zu gegebener Zeit folgen, sagte Peskow. Er betonte, er finde nicht, dass sich Moskau in eine Sackgasse manövriere. "20 oder 30 Staaten, das ist nur ein Teil der internationalen Gemeinschaft", sagte er mit Blick auf die Ausweisungen.

Der langjährige Vorstandsvorsitzende des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) und heutige Präsident des Galopprennsports, Michael Vesper, sähe ein Fernbleiben deutscher Politiker sogar als kontraproduktiv an: "Unsere Mannschaft wird nicht besser und nicht schlechter spielen, wenn deutsche Politiker vor Ort sind oder eben nicht. Ein Besuch unserer politischen Führung würde allerdings deren Wertschätzung zeigen — weniger gegenüber der russischen Führung als gegenüber unseren Sportlern und den Millionen Sportfans, die mitfiebern", sagte er.

42 Prozent fordern in Umfrage das Fernbleiben deutscher Politiker

In einer Mitte März durchgeführten Umfrage hatten sich in Deutschland 52 Prozent der Befragten gegen einen sportlichen Boykott durch die DFB-Auswahl ausgesprochen. 42 Prozent hatten allerdings gefordert, dass deutsche Politiker auf Besuche des Turniers verzichten sollten. Der FDP-Außenpolitiker Graf Lambsdorff plädiert ebenfalls dafür, dass hochrangige Politiker der Weltmeisterschaft fernbleiben. Er glaube, dass es falsch wäre, wenn Bundeskanzlerin Merkel oder Bundespräsident Steinmeier zu den Spielen führen, sagte Lambsdorff im "Deutschlandfunk".

Andrea Milz, Staatssekretärin der NRW-Landesregierung für Sport und Ehrenamt, stellt sich schließlich die Frage, warum die Debatte schon mit solchem zeitlichen Vorlauf nach einem Resultat verlangt: "Ich wundere mich, dass sich viele Politiker jetzt schon festlegen, wie sie sich in drei Monaten verhalten wollen. Dabei könnte doch jeder täglich die sich dann bietende Situation neu bewerten", sagte die CDU-Politikerin.

(klü / may-)
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