WM-Qualifikation Es droht eine Fußball-WM ohne die Besten

Aus deutscher Sicht ist die WM-Qualifikation ein notwendiges Übel, das alle paar Monate damit rumnervt, die Bundesliga zu unterbrechen. Andere Länder müssen derweil Blut und Wasser schwitzen – bei der Endrunde in Russland im nächsten Sommer könnten es sogar sein, dass wir auf die Größten ihres Fachs verzichten müssen.

 Lionel Messi, Gianluigi Buffon und Cristiano Ronaldo (v.l.) bei der Wahl zu Europas Fußballer des Jahres.

Lionel Messi, Gianluigi Buffon und Cristiano Ronaldo (v.l.) bei der Wahl zu Europas Fußballer des Jahres.

Foto: rtr, mb

Aus deutscher Sicht ist die WM-Qualifikation ein notwendiges Übel, das alle paar Monate damit rumnervt, die Bundesliga zu unterbrechen. Andere Länder müssen derweil Blut und Wasser schwitzen — bei der Endrunde in Russland im nächsten Sommer könnten es sogar sein, dass wir auf die Größten ihres Fachs verzichten müssen.

Wenn man es provokant formulieren will, ist Antoine Griezmann der beste Fußballer des Planeten. Die zwei Akteure aus derselben Branche, die bei der Wahl zum Weltfußballer Anfang des Jahres noch vor ihm gelandet sind, spielen seit bald zehn Jahren ohnehin ihren eigenen Wettbewerb aus. Der letzte Weltfußballer, der nicht Lionel Messi und Cristiano Ronaldo hieß, war Kaka. Die Älteren werden sich erinnern. Will man also zu irgendwie erhellenden Erkenntnissen kommen, wer aus der Masse der Weltklassefußballer derzeit heraussticht, kann es schon mal helfen, die beiden Superstreber außen vor zu lassen. Dass dieses Ausnahme-Duo bei dem Turnier der Besten aber tatsächlich nicht dabei sein könnte, klingt geradezu absurd. Doch Ronaldos Portugal und Messis Argentinien könnten die kommende Weltmeisterschaft in Russland tatsächlich gut und gerne verpassen.

Portugal, immerhin als Europameister angetreten, spielt bislang eine weitgehend einwandfreie WM-Qualifikation. Allein der Start gegen die Schweiz ging daneben. Obwohl in den anschließenden sieben Spielen sieben Siege gelangen, könnte die 0:2-Auftaktniederlage gegen die Schweiz am Ende den Unterschied zwischen gut und sehr gut machen. Die Eidgenossen haben bei ihren acht Qualifikationsspielen bislang noch keinen Punkt liegen lassen. Am 10. Oktober treffen die beiden Spitzenteams direkt aufeinander und werden wohl unter sich ausmachen, wer in die Relegation gehen muss. Dass Ronaldo seine letzte Weltmeisterschaft bereits gespielt hat — durchaus im Bereich des Möglichen.

Argentinien mit großen Problemen

Während Portugal nur ein einziger Ausrutscher in Bedrängnis bringt, liegen die Probleme bei Argentinien noch etwas tiefer. Dass Messi im Tritkot der "Albiceleste" nicht unbedingt seine hellsten Sternstunden erlebte, ist 2017 längst keine Neuigkeit mehr. Nach 15 Spieltagen in der südamerikanischen Qualifikationsgruppe stehen nur sechs Siege, dafür aber fünf Unentschieden und vier Niederlagen zu Buche. Da reicht gerade mal zu Rang fünf, dem Relegationsplatz — hinter Brasilien, Kolumbien Uruguay und Chile. Immerhin, das Restprogramm scheint lösbar. Schlusslicht Venezuela, Peru und Ecuador stehen noch auf der To-Do-Liste der Argentinier. Doch die beiden Letzteren können sich selbst noch Hoffnungen machen. Aufgrund der engen Konstellation könnte nur eine Niederlage in den verbleibenden drei WM-Spielen gegen die direkten Konkurrenten bereits das Aus bedeuten. Auf der anderen Seite ist auch die direkte Qualifikation ohne den Umweg über die Relegation noch möglich.

Die USA wären zwar nach jetzigem Stand bereits qualifiziert, das punktgleiche Honduras könnte aber mit einem Sieg im direkten Duell am Dienstag vorbeiziehen und das Team von Bruce Arena damit auf den Relegationsplatz verweisen.

Italien muss wohl in die Play-offs

Schon jetzt versprechen die Play-offs große Dramen. Italien etwa darf sich bereits auf eine Ehrenrunde einstellen. Nach der empfindlichen 0:3-Niederlage gegen stark aufspielende Spanier hat der Weltmeister von 2006 allenfalls theoretische Chancen auf die direkte Qualifikation.

Selbst von der Relegation können die Niederlande derzeit nur träumen. Zwar hat sich der Vize-Weltmeister von 2010 für mit einem 3:1-Sieg gegen Bulgarien wieder halbwegs für die bittere 0:4-Niederlage gegen Frankreich rehabilitiert. Um Schweden aber noch den Relegationsrang streitig zu machen, muss in den letzten beiden Begegnungen aber alles passen. Es ist durchaus denkbar, dass Arjen Robben & Co. nach der Europameisterschaft 2016 auch das zweite große Turnier verpassen.

Selbst England, immerhin Tabellenführer der Gruppe F, darf sich nicht sicher wähnen. Mit einem Sieg auf der Insel könnte die Slowakei am Montagabend vorbeiziehen und die "Three Lions" zwei Spieltage vor Feierabend auf den Relegationsplatz verweisen. Von solchen Luxussorgen kann die Türkei derweil nur träumen. Die völlig verdiente 0:2-Niederlage gegen die Ukraine ließ das Team von Trainer Mircea Lucescu auf Rang vier zurückfallen. Österreichs Nationalspieler David Alaba schimpfte währenddessen nach der Niederlage in Wales am Freitag: "Scheiße! Als Verlierer vom Platz zu gehen, ist Oasch." Wohl wissend, dass die Hoffnungen auf die WM-Teilnahme damit praktisch passé sind — die WM 2018 findet aller Voraussicht nach ohne Österreich und die Türkei statt.

Syrien schreibt am eigenen Fußballmärchen

Dafür dürfen sich die Zuschauer auch auf neue Gesichter freuen. Uganda und Burkina Faso etwa führen ihre WM-Qualifikationsgruppen an — für beide wäre es die erste WM-Endrunde in der Geschichte ihres Verbands. Ein besonderes Fußballmärchen könnte Syrien schreiben. Das bis auf die Grundfesten zerstörte Land stellt derzeit tatsächlich eine Nationalmannschaft auf die Beine. Die kann natürlich derzeit keine echten Heimspiele austragen, ist aber durchaus erfolgreich. Syrien rangiert auf dem Relegationsplatz und darf sich Hoffnungen machen, sogar Südkorea auf Platz zwei ist nur zwei Zähler entfernt. Punktgleich hinter den Syrern lauert Usbekistan. Katar kann sich als Tabellenschlusslicht dagegen voll auf die WM 2022 im eigenen Land konzentrieren — sofern das Turnier denn wirklich im Wüstenstaat stattfindet.

Die Chancen, dass wir Antoine Griezmann im nächsten TV-Sommer bei der Arbeit zusehen dürfen, stehen übrigens ganz gut. Trotz eines peinlichen 0:0 gegen Luxemburg sind die Franzosen Tabellenführer ihrer Gruppe D, wenn auch nur knapp vor Schweden. Aber wer kann sich schon sicher sein - außer Joachim Löw und seiner Mannschaft.

(ak)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort