Krise beim DFB Niersbach ist Täter, nicht Opfer

Meinung | Düsseldorf · Nach Lage der Dinge war Wolfgang Niersbach nicht der große Halunke im schmutzigen Spiel um die WM 2006. Da waren andere sportpolitische Kaliber am Werk. Doch wer in dem am Montag zurückgetretenen DFB-Präsidenten ein Opfer sieht – Rudi Völler bezeichnet ihn als Bauernopfer – bringt einen falschen Zungenschlag in die Story. Niersbach ist Täter. Am Mittwoch zeigte er sich klug genug, um zu sagen, dass er nicht den "Märtyrer spielen" wolle.

DFB-Präsident Wolfgang Niersbach tritt zurück: Twitter-Reaktionen
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Nach Lage der Dinge war Wolfgang Niersbach nicht der große Halunke im schmutzigen Spiel um die WM 2006. Da waren andere sportpolitische Kaliber am Werk. Doch wer in dem am Montag zurückgetretenen DFB-Präsidenten ein Opfer sieht — Rudi Völler bezeichnet ihn als Bauernopfer — bringt einen falschen Zungenschlag in die Story. Niersbach ist Täter. Am Mittwoch zeigte er sich klug genug, um zu sagen, dass er nicht den "Märtyrer spielen" wolle.

Niersbach hat sich von den Ereignissen mitschleifen lassen. Er hat als wichtiges Mitglied des Organisationskomitees nicht ausreichend hinterfragt, was Beckenbauer, Radmann und andere trieben. Und als DFB-Chef hat er bei der Aufklärung versagt, als sich die Verdachtsmomente verdichteten, bei der WM-Vergabe sei ein krummes Ding gelaufen. Niersbach hat zumindest durch Unterlassung Schuld auf sich geladen.

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Warum? Womöglich, weil er durch die Nähe zu den ganz Großen betriebsblind geworden ist. Vielleicht, weil es nur mit grenzwertigen, in solchen Männerbünden üblichen Machtspielen möglich ist, an die Spitze zu gelangen. Es ist sicher nicht so, wie der "Spiegel" dichtete, dass Niersbach ohne eigenes Zutun hochgewirbelt wurde, "wie das manchmal so passiert mit einem Blatt im Wind". Oder weil Niersbach "alles stets im Sinne des deutschen Fußballs getan hat", wie Wolfsburgs Sportchef Klaus Allofs im "General-Anzeiger" sagt. Als sei unser Fußball von so überragender Bedeutung, dass mit ihm die schmutzigen Methoden des Weltsports zu rechtfertigen wären.

Im DFB ist der Wille zum Neuanfang nicht ausgeprägt. Niersbach soll den Verband weiter bei Fifa und Uefa repräsentieren (und daran fürstlich verdienen). Das ist nach den alten Regeln der Macht- und Sportpolitik nur logisch: Denn der Posten ist an die Person gebunden, nicht an den Verband. Wenn Niersbach ginge, wäre der DFB in den Exekutivkomitees nicht mehr vertreten. Aber wäre das schlimm?

Bemerkenswert ist übrigens, dass Größen der Branche schon in der Vergangenheitsform von Niersbach sprechen. Reiner Calmund: "Wolfgang war ein absoluter Fachmann." Jogi Löw: "Ich denke, dass der Wolfgang ein fantastischer Mensch war." So schnell kann's gehen. Sogar für einen Weltmeisterpräsidenten.

(RP)
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