Vorbehalte gegen EM-Bewerbung 2024 WM-Affäre: Schnelle Aufklärung fraglich

Frankfurt/Main · In der WM-Affäre hat die Interimsführung des DFB die Hoffnung auf eine zeitnahe Aufklärung weitgehend aufgegeben. Entsprechend werden im deutschen Fußball auch schon erste Stimmen für einen Verzicht auf die DFB-Bewerbung um das EM-Turnier 2024 laut.

Die Zuständigkeiten im Organisationskomitee der WM 2006
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Die Zuständigkeiten im deutschen OK bei der WM 2006

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Foto: dpa

Beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) ist die Hoffnung der Interimspräsidenten Reinhard Rauball und Rainer Koch auf eine zeitnahe Aufklärung der WM-Affäre auf ein Minimum gesunken. "Herr Rauball hofft darauf, dass bis Weihnachten alles fertig ist. Dem schließe ich mich an. Wenn es dann aber doch Anfang Januar, Mitte Januar wird, müssen wir auch zufrieden sein", sagte Koch am Wochenende im ZDF auf die Frage nach einem Termin für den Abschlussbericht der externen DFB-Ermittler von der Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer.

Nach dem spektakulären Fund des "Beckenbauer-Dokuments" schrumpfen indes die Bestechungsvorwürfe gegen die WM-Macher von 2006 womöglich auf einen kaum minder anrüchigen Versuch statt einen tatsächlichen Stimmenkauf zusammen. Einem Bericht der Zeitung Die Welt zufolge soll das 2000 kurz vor der WM-Vergabe von WM-Chef Franz Beckenbauer unterzeichnete Angebot für den zwielichtigen Fifa-Funktionär Jack Warner mit "diversen Leistungen" nicht eingelöst worden sein. Das damalige DFB-Präsidium habe sich demnach später nicht mit der notwendigen Zustimmung befasst.

Dennoch bringt das hochbrisante Papier den früheren DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt weiter in Bedrängnis. Ebenfalls Angaben der Welt zufolge soll der ehemalige Vizepräsident des WM-Organisationskomitees, der am Freitag Kenntnis von dem Dokument seit 2000 eingestanden hatte, den Vertragstext selbst aufgesetzt haben. Schmidt bestritt eine solche Verwicklung in die ominösen Vorgänge auf SID-Anfrage allerdings vehement: "Das ist totaler Unsinn. Ich habe daran nicht mitgewirkt."

Wer wann wem wie viel wofür in der WM-Affäre gezahlt hat, interessiert angeblich auch die Schweizer Bundesanwaltschaft. Laut Süddeutscher Zeitung jedenfalls interessieren sich die eidgenössischen Ermittler wie die deutsche Staatsanwaltschaft wegen des mutmaßlichen Zahlungsweges der immer noch ungeklärten 6,7 Millionen Euro der deutschen WM-Organisatoren über mutmaßlich bekannte Schweizer Konten für den Fall.

Die Schweizer Fahnder sollen, wie die SZ am Wochenende außerdem berichtete, auch entscheidend am Ausbruch der WM-Affäre beteiligt gewesen sein: Nachdem im vergangenen Sommer bei den Ermittlungen zum Fifa-Korruptionsskandal angeblich der Brief der WM-Macher von 2005 an den Weltverband mit den Modalitäten der Millionen-Zahlungen aufgetaucht war, soll der inzwischen amtierende Fifa-Generalsekretär Markus Kattner den DFB darüber informiert und damit die ersten inoffiziellen Recherchen beim deutschen Verband ausgelöst haben.

Aufgrund des noch völlig offenen Ausgangs des Skandals werden im deutschen Fußball inzwischen erste Überlegungen zu einem Verzicht auf Deutschlands Bewerbung um die Ausrichtung der EM-Endrunde 2024 laut. "Ich würde dem Deutschen Fußball-Bund dringend empfehlen, die Bewerbung auszusetzen, bis geklärt ist, was vor der WM 2006 geschehen ist und vor allem, welche Konsequenzen daraus gezogen werden", zitierte die Zeitung Welt am Sonntag Vorstandschef Martin Kind vom Bundesligisten Hannover 96.

Wie Kind plädierte auch der frühere Meister-Trainer Christoph Daum für eine Zurücksetzung der EM-Kandidatur für 2024: "Im Augenblick wäre eine Bewerbung eher unglücklich, weil gerade alle anderen Dinge, die bezüglich der WM-Vergabe 2006 diskutiert werden, im Vordergrund stehen."

(are/sid)
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