Diskussion um WM-Vergabe 2006 "Spiegel"-Journalist fühlt sich von "Sky" vorgeführt

Düsseldorf · Die Enthüllungen des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" über die angeblich gekaufte WM 2006 schlagen hohe Wellen, lassen aber auch viele Fragen offen. Moderator Patrick Wasserziehr wollte diesen in der Talk-Show "Sky90" auf den Grund gehen – und zog sich deshalb den Ärger von "Spiegel"-Autor Jens Weinreich zu.

 Werden wohl keine Freunde mehr: Patrick Wasserziehr und Jens Weinreich.

Werden wohl keine Freunde mehr: Patrick Wasserziehr und Jens Weinreich.

Foto: Screenshot Sky

Die Enthüllungen des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" über die angeblich gekaufte WM 2006 schlagen hohe Wellen, lassen aber auch viele Fragen offen. Moderator Patrick Wasserziehr wollte diesen in der Talk-Show "Sky90" auf den Grund gehen — und zog sich deshalb den Ärger von "Spiegel"-Autor Jens Weinreich zu.

Wasserziehr telefonierte zu Beginn der Sendung mit dem DFB-Anwalt Christian Schertz. "Wir werden Unterlassung fordern, wir werden Gegendarstellung fordern, und sollte dem Deutschen Fußball-Bund durch diese Berichterstattung ein wirtschaftlicher Schaden entstehen, werden wir den Spiegel-Verlag dafür auch haftbar machen", sagte der Rechtsanwalt in der Diskussionsrunde. Er finde in dem "Spiegel"-Bericht keinen Beweis für die vorgebrachten Anschuldigungen gegen das deutsche Bewerbungskomitee.

Dann war der freie Journalist Weinreich, einer der Autoren des Artikels "Das zerstörte Sommermärchen", an der Reihe, doch das Gespräch mit dem "Sky"-Moderator verlief nicht allzu harmonisch. Weinreich hatte viel zu kritisieren, antwortete nicht konkret auf die gestellten Fragen. Offenbar gefiel ihm nicht, dass "Sky" ihn nicht vor der Sendung informiert hatte, dass auch die Gegenseite in Person von Schertz zu Wort kommen werde. Auf die Frage von Wasserziehr, ob er noch etwas in der Hinterhand habe, reagierte Weinreich überraschend herablassend: "Das ist eine ganz normale Recherche, lieber Mann. Ich weiß nicht, ob Sie schon mal recherchiert haben."

Lesen Sie das Gespräch zwischen Wasserziehr und Weinreich im Wortlaut nach:

Patrick Wasserziehr: Haben Sie sich mit Ihrem Artikel zu weit aus dem Fenster gelehnt?

Jens Weinreich: Zunächst muss ich mal sagen, dass mir vorher gar nicht gesagt wurde, dass der Honorar-Professor vor mir spricht und seine Ergüsse loslässt. Das finde ich schon ein bisschen merkwürdig von Sky, vom Beckenbauer-Sender "Sky". Das ist das Erste. Zweitens...

Wasserziehr: Ganz kurz: Warum? Es ist doch nicht ungewöhnlich, dass wir alle Seiten zu Wort kommen lassen. Sie haben ja jetzt die Möglichkeit, darauf zu reagieren. Da kann ich jetzt ehrlich gesagt nichts Ungewöhnliches dran erkennen.

Weinreich: Der Honorar-Professor wird dafür bezahlt, dass er Nebelkerzen zündet. Das ist ja ganz klar, dafür ist er ja bekannt. Das ist oft ein Mischmasch aus Drohung und Nebelkerzen. Ich kann zu Patrick Owomoyela (der ehemalige Bundesliga-Profi war ebenfalls Teil der Runde) sagen, ich hatte den Herrn Professor schon gegen mich und für mich. Also ich weiß schon, wovon ich spreche. Als ich gegen ihn und Zwanzinger gekämpft habe, da ging es am Ende 6:0 aus für den Journalisten. Was er jetzt hier sagt — "einmaliger Vorgang, im Kleingedruckten" —, insinuiert, als hätte der Spiegel hier unsauber gearbeitet. Fakt ist, dass natürlich die Fragestellungen, die dort behandelt werden, sowohl Niersbach als auch Beckenbauer rechtzeitig, so wie das üblich ist und wie der "Spiegel" meiner Kenntnis nach vorbildlich in der gesamten deutschen Medienlandschaft handelt, dass die Konfrontation, wie man das nennt, am Mittwoch rausging. Das ist das Erste. Das Zweite ist, dass natürlich erst nochmal geklärt werden muss — und da bin ich juristisch natürlich auf dünnem Eis, weil der Honorar-Professor zuhört — ob Wolfgang Niersbach tatsächlich, wie jetzt behauptet wird, erst angeblich vor Monaten — er widerspricht sich da auch selbst — und nicht vielleicht sogar schon vor Jahren davon Kenntnis hatte. Da gibt es einige Hinweise in dem Text. Und drittens — das Entscheidende in dem Text — neue Qualität der Enthüllungen und Beschreibungen des Versuches, der Wahrheit rund um die WM-Vergabe 2006 näherzukommen. Die neue Qualität liegt darin, dass wir den Geldfluss nachzeichnen.

Wasserziehr: Ich fand, dass Sie mit Ihren Schlussfolgerungen sehr, sehr weit gehen. Worauf stützen Sie sich denn oder haben Sie auch noch etwas in der Hinterhand?

Weinreich: Das ist eine ganz normale Recherche, lieber Mann. Ich weiß nicht, ob Sie schon mal recherchiert haben. Wir haben eine neue Qualität vorgelegt, wir haben Kontonummern vorgelegt. Und Leute, die sich auskennen in der Korruptionsbekämpfung horchen auf.

Wasserziehr: Ich lasse die Polemik jetzt mal weg, das überlasse ich Ihnen. Haben Sie die Handschrift von Wolfgang Niersbach prüfen lassen auf dem Vermerk, auf den Sie sich beziehen?

Weinreich: Das haben wir noch nicht prüfen lassen, nein.

Wasserziehr: Das wäre aber sicherlich kein Fehler gewesen. Wären Sie bereit... Wolfgang Niersbach hat das angeboten, das zu machen.

Weinreich: Nochmal Herr Wasserziehr. Was hier jetzt gerade läuft, ist offenbar — und ich sage das auch live auf dem Sender — ein Vorführen eines der Journalisten. Ohne jegliche Information wird hier so eine Art Mini-Tribunal gemacht. Und vorher wurden die Zuschauer eingeschworen, so ein bisschen durch Nebelkerzen von Schertz — und Sie versuchen jetzt über meine Quellen und Dokumente zu reden. Nehmen Sie doch einfach bitte zur Kenntnis — und das wird allgemein schon zur Kenntnis genommen —, dass es sich hierbei um eine neue Qualität der Enthüllung handelt. Was Herr Schertz dazu meint, ist relativ unerheblich.

Wasserziehr: Dann verwahre ich mich eindeutig gegen die Begrifflichkeit "Tribunal". Das ist historisch anders belegt. Ich glaube, das sollten wir ganz dringend bleiben lassen. Ich stelle Fragen und bin erstaunt, dass Sie in dieser Schärfe darauf reagieren. Wir versuchen das von allen Seiten zu beleuchten. Sie sind Hauptakteur des "Spiegel" in diesem Zusammenhang und ich habe Fragen gestellt, die Sie beantworten können. Und wir lassen uns von "Sky" nicht vorwerfen, dass wir uns einseitig auf irgendeine Seite schlagen. Das ist nicht unser Ansinnen. Aber wir müssen alle Seiten hören und jetzt haben wir Sie gehört. Und ich bedanke mich dafür.

(can)
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