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Korruptionsvorwürfe Beckenbauer: "Habe niemandem Geld zukommen lassen"

Nach den Korruptionsvorwürfen bei der Vergabe der WM 2006 ist der DFB mit Präsident Wolfgang Niersbach in die Offensive gegangen. Die Anschuldigungen werden vehement bestritten. Auch Franz Beckenbauer bestreitet den angeblichen Stimmenkauf.

Reaktionen zu den Korruptionsvorwürfen bei der Vergabe der WM 2006
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Reaktionen zu den Korruptionsvorwürfen bei der Vergabe der WM 2006

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Franz Beckenbauer und Wolfgang Niersbach bestreiten den angeblichen Stimmenkauf, Fedor Radmann würde sogar einen Eid schwören und Otto Schily sieht keine Hinweise auf Korruption: Die Verantwortlichen der Fußball-WM 2006 kämpfen vehement gegen den dunklen Schatten über dem Sommermärchen und schalten nach den im Spiegel erhobenen schweren Anschuldigungen in den Angriffsmodus.

Am Sonntagnachmittag äußerte sich erstmals Lichtgestalt Beckenbauer zu den Vorwürfen, die WM 2006 sei gekauft worden. "Ich habe niemandem Geld zukommen lassen, um Stimmen für die Vergabe der Fußballweltmeisterschaft 2006 nach Deutschland zu akquirieren. Und ich bin sicher, dass dies auch kein anderes Mitglied des Bewerbungskomitees getan hat", ließ Beckenbauer, damaliger Chef des Bewerbungs- und Organisationskomitees, über sein Management erklären.

DFB-Präsident Niersbach hatte zuvor rechtliche Schritte gegen den Spiegel angekündigt und die Korruptionsvorwürfe ins Reich der Fabeln verwiesen. "Ich kann versichern, dass es im Zusammenhang mit der Bewerbung und Vergabe der WM 2006 definitiv keine 'schwarzen Kassen' beim DFB, dem Bewerbungskomitee noch dem späteren Organisationskomitee gegeben hat", sagte der 64-Jährige dfb.de und schloss den angeblichen Kauf von Stimmen der vier asiatischen Vertreter vor der WM-Vergabe am 6. Juli 2000 in Zürich aus: "Das kann ich allen Fußball-Fans versichern".

Niersbach und der Deutsche Fußball-Bund (DFB) haben Rechtsbeistand Christian Schertz mit dem Fall beauftragt. Laut Schertz sei das Hamburger Magazin "jeden Beweis für diese Kernbehauptung der Geschichte schuldig" geblieben, so der DFB-Chef: "Wir haben ihn daher gebeten, gegen die insoweit nicht im Ansatz bewiesene und definitiv falsche Kernbehauptung des Spiegel, die WM 2006 sei mit Mitteln aus einer 'schwarzen Kasse' beim DFB oder beim Organisationskomitee gekauft worden, alle denkbaren rechtlichen Schritte einzuleiten."

Allerdings könnte auch der DFB ins Visier der Justiz geraten. Wie die Bild am Sonntag berichtet, sei die Staatsanwaltschaft Frankfurt durch den Bericht alarmiert und wolle "sorgfältig prüfen", ob man ein Ermittlungsverfahren einleite.

Für Niersbach habe der Spiegel unterdessen keine Beweise genannt, sondern sich letztlich auf ein angebliches, von einer anonymen Quelle kolportiertes Zitat von Günter Netzer berufen, das dieser bereits im gleichen Artikel vehement bestritten habe. Niersbach versicherte: "Nochmal: die WM war nicht gekauft."

Die "graue Eminenz" Radmann geht sogar noch einen Schritt weiter. "Das Bewerbungskomitee hat niemals irgendjemanden bestochen. Ich bin bereit, dies sogar zu beeiden", sagte der ehemalige Vize-Präsident des WM-OK bei Sky Sport News HD.

Fraglich ist aber weiterhin, für welchen Zweck die Zahlung von 6,7 Millionen Euro vom DFB an den im Korruptionssumpf steckenden Weltverband Fifa verwendet wurde. "Dass es einen solchen Vorgang gibt, haben wir veröffentlicht. Ich habe diesen Sommer davon erfahren und eine interne Prüfung veranlasst", erklärte Niersbach. Das Ergebnis der laufenden Prüfungen sei offen, "aber ich kann aufgrund der zeitlichen Abläufe dieses Zahlungs-Vorgangs schon jetzt definitiv ausschließen, dass die Zahlung in Zusammenhang mit der WM-Vergabe im Jahr 2000 steht".

Angesichts der im Raum stehenden Vorwürfe raten Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier und IOC-Präsident Thomas Bach dem DFB zu einer schnellen Aufklärung. Er könne nur raten, dass das, was der DFB zum Ausdruck gebracht habe, jetzt schnellstmöglich Untersuchungen einzuleiten, auch passiere. "Das ist im Interesse des Sports, im Interesse des Fußballs. Aber das ist auch unser gemeinsames Interesse", sagte Steinmeier. "Thomas Bach geht im Interesse des Fußballs davon aus, dass eine zügige und umfassende Aufklärung der Vorwürfe erfolgt", sagte der für Deutschland zuständige IOC-Sprecher Christian Klaue auf SID-Anfrage.

Der ehemalige Bundesinnenminister Otto Schily sieht derweil keine Hinweise auf Bestechung. "Als Mitglied des Organisationskomitees für die Fußball-WM habe ich zu keinem Zeitpunkt Informationen erhalten, die den Verdacht 'schwarzer Kassen' begründen, sagte Schily der Bild am Sonntag und nahm den ehemaligen DFB-Präsidenten Theo Zwanziger in die Pflicht: "Alle Zahlungen des DFB einschließlich der gesamten Buchhaltung wurden seinerzeit von dem damaligen Schatzmeister des DFB, Dr. Theo Zwanziger, sorgfältig geprüft", so Schily.

Wenn es bei einer Zahlung des DFB an die Fifa Unklarheiten gebe, "gehört das zur Verantwortung der FIFA und liegt außerhalb der Verantwortung des Organisationskomitees. Da Dr. Theo Zwanziger als späteres Mitglied des Exekutivausschusses der Fifa sicherlich Zugang zu der Buchhaltung der Fifa hatte, kann er am ehesten dazu Auskunft geben."

Die Bundestags-Sportausschussvorsitzende Dagmar Freitag vermutet in der gesamten Angelegenheit einen Komplott. "Möglicherweise gibt es bei der Fifa mittlerweile einige, die noch alte Rechnungen begleichen wollen", so die 62-Jährige im rbb-Inforadio.

Zwanziger wehrt sich gegen Tognoni-Behauptungen

Auch der langjährige Fifa-Mediendirektor und -Insider Guido Tognoni kann sich eine Kampagne gegen Niersbach vorstellen. "Ich denke, es ist gesteuert", sagte Tognoni im ZDF-Sportstudio und brachte ebenfalls den Namen Theo Zwanziger ins Gespräch: "Es ist bekannt, dass Wolfgang Niersbach und sein Vorgänger Theo Zwanziger nicht die innigsten Freunde sind. Es fällt auf, dass Theo Zwanziger im Spiegel auffällig geschont wird. Die undichte Stelle ist möglicherweise, mit allen Vorbehalten, Theo Zwanziger." Am Sonntagnachmittag wehrte sich Zwanziger über seinen Anwalt Hans-Jörg Metz gegen die seiner Meinung nach "abenteuerlichen Vorwürfe".

Der Spiegel hatte berichtet, die WM sei mutmaßlich gekauft worden. Das Bewerbungskomitee soll eine schwarze Kasse eingerichtet haben, die der damalige Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus heimlich mit 10,3 Millionen Schweizer Franken - damals 13 Millionen Mark - gefüllt haben soll. Mit dem Geld sollen Stimmen gesichert worden sein. Die Kandidatur des DFB setzte sich bei der Abstimmung im Fifa-Exekutivkomitee mit 12:11 Stimmen hauchdünn gegen Südafrika durch.

(sid)
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