Affäre um WM 2006 Fifa forderte Afrika-Spende von Organisationskomitee

Düsseldorf · Die finanziellen Bedingungen des Weltverbandes Fifa für die Organisatoren der WM 2006 in Deutschland sind womöglich über die Hintergründe der WM-Affäre hinaus noch fragwürdiger.

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Die "Süddeutsche Zeitung" berichtete am Samstag unter Berufung auf Akten der Bundesregierung und des Organisationskomitees, dass die Fifa 2003 unerwartet 40 Millionen Euro vom deutschen Organisationskomitee verlangt hat — 33 Millionen Euro für IT-Kosten und sieben Millionen Euro "zum Zeichen der deutschen Solidarität mit Afrika".

Den "SZ"-Angaben zufolge löste die Fifa-Forderung von Ende Juni 2003 beim WM-OK große Verärgerung und letztlich auch die Einschaltung des Bundeskanzleramtes aus. Letztlich kam Mitte August des gleichen Jahres nach Verhandlungen auch über den Rückkauf von diversen Rechten durch die künftigen WM-Gastgeber offenbar eine Einigung auf eine "Lizenzzahlung" von 20 Millionen Euro zustande — ohne neuerliche Erwähnung einer Afrika-Spende. Die Summe soll laut Bericht in den Jahren 2005 und 2006 in zwei Tranchen überwiesen worden sein.

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Wie die "SZ" mit Hinweis auf die Akten schreibt, soll WM-Chef Franz Beckenbauer die Fifa-Absicht mit Unmut als "einmaligen Vorgang" bezeichnet haben. In einem Entwurf einer Antwort an die Fifa haben die WM-Organisatoren außerdem auf "eine unzulässige Vermischung" mehrerer Kostenbereiche und "erhebliche EU-rechtliche Bedenken" hingewiesen. Die gleichzeitige Einforderung des IT-Geldes und einer Solidaritätsabgabe für Afrika wurde demnach von den deutschen WM-Machern als "glatter Bruch des Organisationsabkommens" mit der Fifa bewertet.

Insbesondere die verlangte "Afrika-Spende" rückt auch wieder die Methoden der Fifa in ein zweifelhaftes Licht. In seinem Brief an das deutsche OK begründete der Weltverband die Summe mit der "Sicherung von Know-How-Transfers für die WM 2010" in Südafrika. Die Fifa stellte darin ihre erste Teilforderung für den 1. Juli 2014 fällig.

Weiterhin Fragezeichen hinter Millionen-Differenz

Die Differenz von sieben Millionen Euro in den Abschlussberichten der Bundesregierung und der Fifa zur Endrunde 2006 bleiben unterdessen vorerst ungeklärt. "Nach den uns vorliegenden Informationen gewährte die Fifa dem deutschen Organisationskomitee im Vorfeld einen Organisationszuschuss in Höhe von 170 Millionen Euro", teilte das Bundesinnenministerium mit: "Das BMI äußert sich nicht zum Finanzbericht der Fifa, der dem BMI im Übrigen auch nicht vorliegt."

Auswertungen der beiden Reports haben im Bereich des Fifa-Zuschusses für die WM-Macher eine Differenz von sieben Millionen Euro ergeben. Während die Bundesregierung schon im November 2006 den Fifa-Beitrag auf 170 Millionen Euro bezifferte, weist der Fifa-Finanzbericht 2006, der im Folgejahr vorgelegt wurde, Zahlungen an das OK in Höhe von 177 Millionen Euro aus.

Die Fifa gibt zu den unterschiedlichen Angaben in den Abschlussberichten keine Stellungnahme ab. Der Weltverband wies lediglich auf die unabhängigen internen Untersuchungen unter Federführung des juristischen Direktors mit Unterstützung externer Berater und seine Kooperation mit den Ermittlern des US-Justizministeriums und des Büros des Schweizer Bundesanwalts hin.

Die Sieben-Millionen-Differenz in den beiden Berichten ist aufgrund ihrer Höhe zumindest pikant. Der gesamten Affäre liegt eine Zahlung von 6,7 Millionen Euro des WM-OK von 2005 an die Fifa zugrunde.

Präsident Wolfgang Niersbach vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) hatte zuletzt nahe gelegt, dass die Deklarierung der Überweisung als Beitrag zum Fifa-Kulturprogramm eine Legende zur Verschleierung einer Rückzahlung eines angeblichen Darlehens des ehemaligen adidas-Chefs Robert Louis-Dreyfus von 2002 für das WM-OK gewesen wäre. Laut Niersbach wären die Dreyfus-Millionen zur Absicherung von 170 Millionen Euro Fifa-Zuschuss gewesen. Bei den Gesprächen über die Zahlung im Präsidial-Ausschuss des OK kann es nach Darstellung des früheren Bundesinnenministers Otto Schily durchaus möglich sein, dass zur Vermeidung von Nachfragen gerundete Zahlen verwendet worden sind.

Übereinstimmen Regierung und Fifa hingegen bei den Angaben zur anteiligen Rückerstattung der Zuschüsse nach Turnierende: Demnach zahlte das OK aufgrund seines Überschusses und einer entsprechenden Vereinbarung mit der Fifa 40,8 Millionen an den Weltverband zurück.

(seeg/sid)
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