Interview zur WM-Vergabe Vesper: "Ich zweifle nicht an Niersbachs Aufrichtigkeit"

Düsseldorf · Michael Vesper, der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Olympischen Sportbunds, äußert sich zum Skandal rund um die Fußball-Weltmeisterschaft 2006. Er fordert Theo Zwanziger auf, für Klarheit rund um die Überweisung von 6,7 Millionen Euro zu sorgen.

 Michael Vesper sieht keine Gefahr für die deutsche EM-Bewerbung 2024.

Michael Vesper sieht keine Gefahr für die deutsche EM-Bewerbung 2024.

Foto: afp, jyj/tlr

Seit der vergangenen Woche und bis zum 29. November läuft in Hamburg und Kiel das Referendum über die Bewerbung um die Olympischen Spiele 2024. Michael Vesper (63), Vorstandsvorsitzender des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB), äußert sich zu möglichen Folge des aktuellen Fußballskandals auf das Referendum.

Welche Auswirkungen hat der Skandal rund um den mit Abstand größten Fachverband auf den gesamten deutschen Sport?

Michael Vesper Natürlich sind die Vorgänge für uns alle bedrückend. Und es besteht durchaus die Gefahr, dass nicht alle Menschen differenzieren. Entscheidend ist, dass die offenen Fragen rund um die Überweisung der 6,7 Millionen Euro jetzt rasch und vollständig beantwortet werden. Das hat das DFB-Präsidium zugesagt. Dazu müssen auch die Ehemaligen, also Franz Beckenbauer, Horst R. Schmidt und Theo Zwanziger beitragen. Vor allem sollte der frühere DFB-Präsident, der die Überweisung 2005 offensichtlich veranlasst hatte, erklären, warum er die Sache nicht schon während seiner Amtszeit intern und extern aufgegriffen hat.

Wie wollen Sie verhindern, dass die Fußballskandale Auswirkungen auf das Abstimmungsverhalten der Hamburger und Kieler beim laufenden Referendum zur Olympia-Bewerbung haben?

Vesper Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun, das sind zwei völlig unterschiedliche Themen. Wir haben aus der gescheiterten Bewerbung München 2022 gelernt und sind in Hamburg von Anfang an den Weg der Transparenz gegangen. Das Hamburger Transparenzportal gibt umfassend Auskunft über die Vereinbarungen der Gesellschafter, alle Verträge können von jedermann im Netz eingesehen werden. Das wissen die Hamburger und Kieler Bürgerinnen und Bürger. Und sie sehen auch, dass das Internationale Olympische Komitee mit seiner Agenda 2020 bei Olympia jetzt auf mehr Transparenz, Flexibilität und Bescheidenheit baut.

Gerät Ihres Erachtens die deutsche Bewerbung um die Fußball-EM 2024 durch die aktuelle Entwicklung in Gefahr?

Vesper Die Entscheidung über die EM 2024 fällt erst 2018, bis dahin ist genügend Zeit, um das Geschehene aufzuarbeiten und die richtigen Konsequenzen zu ziehen.

Wie kann der DOSB dem DFB als seinem Mitgliedsverband helfen?

Vesper Im Moment ist nur eines wichtig: konsequent und transparent herausarbeiten, was damals geschehen ist. Und das können nur die handelnden und betroffenen Personen tun; wir als DOSB können dazu nichts beitragen.

Braucht der DFB eine Strukturreform mit einem ehrenamtlichen Präsidenten und einem hauptamtlichen Vorstandsvorsitzenden an der Spitze?

Vesper Wie er seine Führung strukturiert, hat allein der DFB zu entscheiden. Beide Verbände sind eben auch nicht vergleichbar. Wir haben zwar mit unserer Strukturreform vom vergangenen Jahr gute Erfahrungen gemacht, aber jeder Verband entscheidet selbst.

Kann Wolfgang Niersbach DFB-Präsident bleiben?

Vesper Ich kenne Wolfgang Niersbach seit langem, und ich zweifle nicht an seiner Aufrichtigkeit und seinem Willen, der Sache auf den Grund zu gehen. Darum traue ich ihm auch zu, dass er in dieser schwierigen Lage die offenen Fragen ohne Rücksicht auf wen auch immer angeht und die Öffentlichkeit zeitnah über die Ergebnisse informiert.

MARTIN BEILS FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(bei)
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