DFB-Präsident in der Kritik Für Niersbach ist noch Sommermärchen

Frankfurt/Düsseldorf · Seit Wochen steht der DFB-Präsident massiv in der Kritik - er kann oder will nicht erklären, was mit den ominösen 6,7 Millionen Euro passiert ist, die im Rahmen der WM 2006 an die Fifa gezahlt wurden.

Wolfgang Niersbach sieht Spiel in Mainz mit Freundin Marion
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In den vergangenen Tagen hat sich Wolfgang Niersbach nicht in der Öffentlichkeit gezeigt. Es machte schnell die Runde, der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) sei abgetaucht, habe sich zurückgezogen. Am Wochenende hat er nun ein deutliches Zeichen gesetzt. Mit seiner Lebensgefährtin Marion Popp ist er in Mainz ins Fußballstadion gegangen. Der Auftritt war verbunden mit einer simplen Botschaft: Niersbach, erstens, versteckt sich nicht - und, zweitens, denkt überhaupt nicht an Rücktritt. Letzteres ging vor allem an die Adresse seiner Funktionärskollegen im Präsidium, denen er sich heute Nachmittag in einer Sitzung in Frankfurt am Main erklären will.

Nach Informationen dieser Redaktion soll er ungeachtet der neuesten Anschuldigungen weiter das Bestreben haben, im Amt zu bleiben. Stattdessen wird Niersbach dem Präsidium laut "PR Journal" wohl zwei PR-Agenturen vorschlagen, die auf Krisenkommunikation spezialisiert sind und die der DFB nun ebenfalls beauftragen könnte.

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Foto: dpa, dka jai nic

"Ich bin sehr zuversichtlich, dass ich den Kollegen im Präsidium und anschließend auch den Präsidenten der Landesverbände alle Fragen beantworten kann, Antworten geben kann, die jetzt erwartet werden und die auch die Öffentlichkeit erwartet", sagte Niersbach am Montag dem TV-Sender N24.

Gibt es neue Erkenntnisse, was mit jenen ominösen 6,7 Millionen Euro passiert ist, die über den Mittelsmann Robert Louis-Dreyfus an irgendjemanden beim Weltverband Fifa geflossen sind? Niersbach hat bisher stets beteuert, er habe von den Ungereimtheiten rund um die Weltmeisterschaft 2006 erst vor wenigen Monaten erfahren. Im Sommer will er deshalb interne Ermittlungen eingeleitet haben. Außer ihm hat aber offenkundig niemand etwas von der Untersuchung gewusst. Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" will ihm nun mittels Schriftanalyse nachgewiesen haben, dass er schon mindestens seit 2005 von den Vorgängen gewusst haben muss. Handschriftliche Notizen von ihm sollen das auf einem Schreiben an die Fifa beweisen.

DFB-Präsident: Mögliche Nachfolger für Wolfgang Niersbach
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Mögliche Nachfolger für Wolfgang Niersbach als DFB-Präsident

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Foto: dpa, fg jai hak nic

Immer wieder ist Niersbach in den vergangenen Tagen von langjährigen Wegbegleitern gefragt worden, ob die Vorwürfe stimmen würden. Und auch heute Nachmittag, davon ist auszugehen, wird man ihm im Kreise der "DFB-Familie" diese Frage stellen. Er hat bisher immer und immer wieder beteuert, er könne sich an einen entsprechenden Vorgang nicht erinnern. "Was will man da sagen?", lautet die fast schon hilflose Feststellung aus Kreisen des DFB. In der Politik und auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen wäre die Antwort eindeutig: ein derart belasteter Funktionär kann nicht im Amt bleiben. Diese Gesetzmäßigkeiten greifen offenbar beim mit fast sieben Millionen Mitgliedern größten Sportfachverband der Welt nicht.

Das liegt auch daran, dass es noch eine erstaunlich große Fraktion gibt, die Niersbach demonstrativ den Rücken stärkt. Vor allem aus dem Lager der Profis. "Ich finde es insgesamt traurig und schade, wie jetzt mit ihm umgegangen wird, weil Wolfgang Niersbach - und dafür würde ich meine Hand ins Feuer legen - alles stets im Sinne des deutschen Fußballs getan hat", sagte Klaus Allofs, Geschäftsführer des VfL Wolfsburg, dem "Bonner Generalanzeiger" und der "Kölnischen Rundschau". Niemand hat Niersbach allerdings unterstellt, sich durch das Sommermärchen persönlich bereichert zu haben. Es gibt nach wie vor keinerlei Beweise, dass die WM 2006 gekauft worden ist. Immer mehr Indizien sprechen sogar dafür, dass Niersbach selbst womöglich reingelegt wurde. Vor allem sein mieses Krisenmanagement und Verstrickungen in Widersprüche haben ihn in den Blickpunkt gerückt.

Niersbach wird heute nur in begrenztem Umfang zur Aufklärung beitragen. Es wird auf der Sitzung des Präsidiums und im Anschluss an die Sitzung der Landespräsidenten erwartet, dass der 64-Jährige noch einmal bekräftigt, nichts von den Vorgängen gewusst zu haben. Die Aussagen der übrigen Mitglieder des Organisationskomitees, Franz Beckenbauer, Theo Zwanziger und Horst R. Schmidt, werden noch bei der Kanzlei Freshfields unter Verschluss gehalten und müssen ausgewertet werden. Mit einem ersten Zwischenbericht wird in den kommenden Wochen gerechnet.

(gic)
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