Der "Kaiser" bricht sein Schweigen zur WM-Vergabe Beckenbauer: "Wolfgang, wir bleiben Freunde"

München · Franz Beckenbauer hat sich zum ersten Mal seit Aufkommen der Affäre um die Vergabe der Fußball-WM 2006 ausführlich geäußert. Mit dem früheren DFB-Präsidenten Niersbach will er verbunden bleiben.

Die Zuständigkeiten im Organisationskomitee der WM 2006
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Die Zuständigkeiten im deutschen OK bei der WM 2006

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Foto: dpa

Franz Beckenbauer hält trotz der Affäre um die Vergabe der Fußball-WM 2006 an seiner Freundschaft zum zurückgetretenen DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach fest. Wie Beckenbauer im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" berichtet, habe er Niersbach "hinterher" am Telefon gesagt: "Wolfgang, wir bleiben Freunde, das ist klar."

In seinem ersten Interview zur WM-Affäre nannte der 70 Jahre alte Beckenbauer weitere Details zu den Entwicklungen ab Mitte Oktober dieses Jahres. Demnach sei Niersbach zu ihm nach Salzburg gekommen und habe ihn um Unterstützung gebeten. "Wenn du mir nicht hilfst, dann muss ich zurücktreten", habe Niersbach gesagt.

Dann habe man laut Beckenbauer über die im Herbst bekannt gewordenen Millionen-Überweisungen vor der WM 2006 geredet und wie diese zu erklären seien. Dabei sei dann aber "einiges unglücklich gelaufen", sagte Beckenbauer.

Über Niersbachs Vorgänger Theo Zwanziger, der sich gemeldet habe, um über angeblich fragwürdige Zahlungsvorgänge im Hinblick auf die WM 2006 zu sprechen, äußerte Beckenbauer sein Unverständnis: "Verstanden habe ich das alles überhaupt nicht", sagte der "Kaiser", "ich bin heute sehr enttäuscht von ihm. Wir waren doch Freunde." Zwanziger sei dann, so Beckenbauer, zum "Spiegel" gelaufen. Das Nachrichtenmagazin hat mit seinen Berichten die WM-Affäre in Gang gebracht.

Franz Beckenbauer hat das derzeitige Führungsduo des Deutschen Fußball-Bundes heftig kritisiert. Die beiden Interimspräsidenten Reinhard Rauball und Rainer Koch hätten ein Gesprächsangebot abgelehnt, behauptete der einstige WM-Bewerbungschef. Dieser Darstellung widersprach Rauball und sagte nach der DFB-Präsidiumssitzung in Frankfurt am Main, Beckenbauer schon am 11. November einen Brief an dessen Büro geschickt zu haben.

Über den jüngst bekannt gewordenen Vertrag mit dem langjährigen Fifa-Funktionär Jack Warner aus der Karibik sagte Beckenbauer: Das Abkommen sei vor allem ein "Entwicklungshilfe-Paket mit Ticketing-Möglichkeit" gewesen. Der Vertrag datiert vom 2. Juni 2000. Vier Tage später bekam Deutschland vom Exekutivkomitee des Weltverbands Fifa mit 12:11-Stimmen gegen Südafrika den Zuschlag für die WM 2006.

Der damalige Fifa-Vize Warner, Chef des Verbandes für die Karibik, Nord- und Mittelamerika, war einer der Wahlmänner. Warner hatte in seiner Zeit als Fifa-Funktionär über Ticketkontingente, wie man heute weiß, viel Geld verdient. Er ist vor zwei Monaten von der Ethik-Kommission der Fifa wegen diverser Vergehen lebenslang für alle Fußball-Ämter gesperrt worden.

Beckenbauer: "Aus heutiger Sicht sieht manches komisch aus, und einiges würde man heute auch nicht mehr so machen. Aber damals haben wir es einfach gut gemeint." Warner habe dem deutschen Bewerbungskomitee gesagt: "Wenn ihr Freunde seid, macht was für meine Konföderation." Zu dem Vertrag mit Warner sagte Beckenbauer auch, er habe damals Tausende Briefe, Erklärungen und Vereinbarungen unterschrieben. "Ich habe immer alles einfach unterschrieben, ich habe sogar blanko unterschrieben."

Die Weltmeisterschaft 2006 habe man aber nicht gekauft. "Der Vorwurf ist falsch. Wir hatten doch gar kein Geld gehabt."

(RP)
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