Franz Beckenbauers Gedächtnislücken Der Sommermärchen-Onkel

Düsseldorf · Franz Beckenbauer kann sich an vieles rund um die WM 2006 erinnern - nur wenn es um die Aufklärung der Affäre geht, präsentiert er gerne gesammelte Gedächtnislücken.

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Es muss schön sein, als Franz Beckenbauer durchs Leben zu gehen. Vieles wird auf jeden Fall unendlich leichter. Denn im Beckenbauerschen Universum gibt es offenbar nur eine sehr eingeschränkte Form der Vergangenheit. Alles, was irgendwie die Leichtigkeit stören könnte, wird einfach galant zur Seite geschoben. Diesen Eindruck muss man gewinnen, wenn man den 70-Jährigen dabei beobachtet, wie er mit den Ungereimtheiten rund um die Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland umgeht. Nach wie vor ist nicht klar, für was 6,7 Millionen Euro vom Organisationskomitee unter der Präsidentschaft von Beckenbauer an den Weltverband Fifa überwiesen wurden. Er kann sich an viele lustige Anekdoten aus dieser Zeit erinnern, wenn es allerdings um Aufklärung geht, präsentiert er gerne gesammelte Gedächtnislücken.

Bisher hat man ihm das alles immer verziehen. Der Franz. Der Kaiser. Die Lichtgestalt. Und so vertraut er auch diesmal wieder auf eine recht simple taktische Ausrichtung: Schaun mer mal. Seit dem Bekanntwerden des WM-Skandals hat er sich bisher zwei Mal öffentlich geäußert. Nach seinem Interview bei der "Süddeutschen Zeitung" hat er nun dem Bezahlsender "Sky", bei dem er gestern wieder als "Experte" im Einsatz war, mehr Rede als Antwort gestanden. "Wir haben nichts Schlechtes getan", hat Beckenbauer zum Beispiel großzügig verkündet. Er weiß, dass er viele damit hinter sich vereint, die möglichst schnell zur Tagesordnung übergehen würden.

Auf die Frage, ob man im Kampf um die WM-Ausrichtung Grenzen überschritten hat, sagt Beckenbauer: "Was sind Grenzen? Es gab damals noch keine Ethikkommission. Damals hat man die Mitglieder des Exekutivkomitees direkt kontaktiert. Wir sind permanent an die Grenzen gegangen. Es war eine andere Zeit, es war ja kein Geld da." Und dann kommt wieder so ein typischer Beckenbauer-Satz, bei dem man sich fast selbst schlecht fühlt, die Unverfrorenheit besessen zu haben, die Wörter Beckenbauer und Korruption in engeren Zusammenhang gebracht zu haben. Die WM-Ausrichtung sei "ein Geschenk des Himmels" gewesen: "Diese Chance hast du nur einmal im Leben."

Gestern sagte Beckenbauer mehrere Stunden vor den vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) beauftragten Ermittlern von Freshfields aus - zum zweiten Mal. Nach seinen jüngsten Aussagen hat niemand allzu große Hoffnung, dass es einen weiteren Erkenntnisgewinn geben wird. Immerhin legt er sich darauf fest, dass es keine Schwarzen Kassen gegeben hat: "Wenn da Schwarze Kassen oder Bestechungsversuche gewesen wären, hätte ich das mitbekommen. Ich habe ein reines Gewissen."

Ein Papier, das ihn mit dem der Korruption überführten Ex-Fifa-Funktionär Jack Warner (Trinidad & Tobago) in Verbindung bringt, sei die Vereinbarung zwischen zwei Verbänden gewesen - dem DFB und der Concaf (Nord- und Zentralamerikanische und karibische Fußballkonföderation). "Ein Fehler war es nicht. Wohlhabende Verbände unterstützen ärmere, das hat schon seine Berechtigung. Warner hat ja klar gesagt, dass wir seine Stimme nicht bekommen. Das einzige, was mich stört, ist das Datum 2. Juli 2000. Da könnte man schon denken, dass das was mit Bestechung zu tun hat." Am 6. Juli 2000 fiel die Entscheidung über die WM-Ausrichtung.

Franz Beckenbauer ist mit sich im Reinen. Immerhin.

(gic)
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