Kolumne: Gegenpressing DFB schiebt die Affäre gern der Fifa in die Schuhe

An Franz Beckenbauer könnten die Vorwürfe abperlen. Deshalb freut sich der DFB über das Geständnis des Fußball-Kaisers. Ziemlich lapidar hat er einen Fehler eingeräumt.

 RP-Sportchef Robert Peters.

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Foto: Phil Ninh

Franz Beckenbauer war mal wieder so frei. Gut zehn Tage ließ der Fußballkaiser der Nation ins Land ziehen, dann richtete er das Wort ans Volk. Und er bekannte einen Fehler. Großartig.

Das denken seine Getreuen beim Deutschen Fußball-Bund sicher auch. Denn sie glauben, dass Beckenbauers Bekenntnis, der Fifa ein paar Milliönchen vorgeschossen zu haben, um einen Zuschuss zum WM-Turnier zu erhalten, den Verband und seine Kollegen im damaligen Bewerbungs- und Organisationskomitee für die WM 2006 aus der Schusslinie zieht.

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Die Rechnung der Taktiker aus der Verbandszentrale in Frankfurt am Main: Wenn der Kaiser die Verantwortung übernimmt für rätselhafte Überweisungen und seltsame Absprachen mit der Fifa, wird schon nichts haften bleiben. Am DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach nicht, der schon in seiner denkwürdigen Pressekonferenz auf Beckenbauer zeigte. An seinen Kollegen im Präsidium nicht, die erfreut darauf verweisen, sowieso nichts gewusst zu haben. Und an Franz Beckenbauer schon gar nicht, an dem noch immer alles bildschön abgeperlt ist.

Selbst wenn ihn die versammelte Entrüstungs-Bewegung als Alleinschuldigen für die Affäre ausmacht - was dem DFB bestimmt gut gefallen würde -, ist Beckenbauer kaum zu belangen. Juristisch nicht, weil die Vorgänge offenbar verjährt sind, wie der in diesen Fragen besonders gut informierte Niersbach-Vorgänger Theo Zwanziger herausgefunden hat, um die eigene Haut zu retten. Sportjuristisch nicht, weil Beckenbauer ja schlecht durch den nachträglichen Entzug der Präsidentschaft im Organisationskomitee bestraft werden kann. Und moralisch nicht, weil er sich selbst über solche Maßstäbe erhoben hat. Er ist überzeugt davon, dass das läppische Geständnis, da habe er wohl einen Fehler gemacht, völlig ausreicht, den guten Ruf wieder herzustellen.

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Foto: dpa, car_gr hak

Es geht aber nicht um ein gönnerhaftes Bekenntnis, wie es Abwehrspieler ablegen, wenn ihnen im Verlauf eines locker gewonnenen Spiels ein Fehlpass vor dem Ehrentreffer des Gegners unterlaufen ist. Es geht um die Frage, ob der Verband der Saubermänner zumindest mal im ekligen Korruptionssumpf der Fifa steckte, den er selbst so gern beklagt. Die Tatsache, dass große Geldsummen auf undurchsichtigen Wegen hin- und hergeschoben wurden, die von keinem der Beteiligten mehr bestritten wird, ist Anlass genug für ziemlich ungute Gefühle.

Die Deutschen werden sich bemühen, die Affäre nicht nur Beckenbauer in die Schuhe zu schieben, weil der damit am besten umgehen kann. Sie versuchen auch, daraus eine Fifa-Affäre zu machen. Bald wird die Sprachregelung greifen, nach der jeder Bewerber um Großereignisse das schmierige Spiel des Weltverbands mitmachen müsse. Aus dem Schneider ist der DFB damit nicht. Zumindest dann nicht, wenn Moral überhaupt noch eine Rolle spielt.

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(RP)
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