DFB-Präsident Machtkampf um Niersbach-Nachfolge: Grindel der Favorit

Nach dem Rücktritt von Wolfgang Niersbach debattiert der DFB über die personelle und strukturelle Neuausrichtung. Die Landesverbände bringen den bisherigen Schatzmeister in die Top-Position. Doch in vielen zentralen Fragen gibt es einen Dissens.

Reinhard Grindel könnte die Nachfolge von Wolfgang Niersbach als DFB-Präsident antreten.

Reinhard Grindel könnte die Nachfolge von Wolfgang Niersbach als DFB-Präsident antreten.

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Der Machtkampf um die Nachfolge von Wolfgang Niersbach als DFB-Präsident ist voll entbrannt. Schon vor den wegweisenden Treffen der Gremien wird hinter den Kulissen mit allen Tricks gearbeitet. Die Landesverbände schieben DFB-Schatzmeister Reinhard Grindel in die Favoritenrolle, zudem fordern die Amateure eine schnelle Lösung - die Liga pocht aber weiter auf ergebnisoffene Diskussionen über den Zeitplan. Auch die Frage Ehren- oder Hauptamt ist umstritten. In der größten Krise des Deutschen Fußball-Bunds droht ein zähes Ringen um die notwendige personelle und strukturelle Neuausrichtung.

Als erster Landeschef preschte der frühere DFB-Vize Karl Rothmund nach vorne - und überraschte mit der Aussage, dass der ebenfalls hochgehandelte Interimschef Rainer Koch nicht für den dauerhaften Chefposten kandidieren werde. Koch unterstütze vielmehr Grindel - "das weiß ich seit zwei Tagen und das wissen viele seit zwei Tagen", sagte Rothmund am Mittwochabend der Deutschen Presse-Agentur wie selbstverständlich.

Leistet der Präsident des Niedersächsischen Fußball-Verbands damit politische Schützenhilfe für seinen früheren Stellvertreter und Zögling auf Funktionärsebene? Oder schadet er dem CDU-Bundestagsabgeordneten vielleicht sogar, indem er ihn zu früh ins Rampenlicht schiebt? Unter der Hand bestätigen mehrere Landesfürsten ihre Präferenz für Grindel, zeigen sich aber ungehalten über Rothmunds Offenbarung. Und vor allem die Ligaseite dürfte äußerst verstimmt sein, wenn sie bei der Kandidatensuche vor vollendete Tatsachen gestellt wird.

Eilig versuchten Grindel und Koch die öffentliche Debatte wieder einzufangen. Er wolle sich zur Präsidentenfrage "zum jetzigen Zeitpunkt" nicht äußern, betonte der Bayer Koch bei Sport1. "Wir sprechen zuerst untereinander und miteinander - und zwar intern!"

Die beiden Länderspiele am Freitag in Frankreich und am Dienstag gegen die Niederlande - eigentlich als fröhlicher Ausklang des Jahres mit der EM-Qualifikation geplant - geraten für die Funktionäre damit zur Kulisse der Krisenbewältigung. Nachdem in Paris Koch, sein Co-Interimschef Reinhard Rauball, Grindel und DFB-Generalsekretär Helmut Sandrock das weitere Vorgehen besprechen wollen, treffen sich in Hannover das Präsidium und die Landesverbände.

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Schon zuvor waren unterschiedliche Vorstellungen zwischen Amateuren und Liga zutage getreten. Nach Koch sprach sich auch Grindel bereits für die Wahl eines neuen Präsidenten bis zur Europameisterschaft im Sommer aus. Ligapräsident Rauball mahnte hingegen, dass Schnellschüsse "nicht sinnvoll" seien und man die Zeit bis zum turnusmäßigen Bundestag im November 2016 in Erfurt nutzen müsse.

Die Deutsche Fußball-Liga hatte bereits vor der aktuellen DFB-Krise mehrfach einen hauptamtlich tätigen Präsidenten gefordert. Weitere umfassende Reformen wären jedoch zeitintensiv und bräuchten längere Vorbereitung. Auch aus der Basis kommen nun deutliche Plädoyers, das höchste Amt im deutschen Fußball zu entlohnen, alle Strukturen auf den Prüfstand zu stellen und nach dem Vorbild der FIFA eine Ethik-Kommission einzurichten.

Doch ebenso laut sind die Stimmen, die am bisherigen Modell festhalten wollen und sich gegen neue Gremien aussprechen. "Ich war selbst 20 Jahre lang in der Kommunalpolitik und war ehrenamtlich Bürgermeister", erklärte der Niedersachse Rothmund. "Immer, wenn es nicht weiter ging, haben wir eine Scheiß-Kommission gegründet, die nichts geschafft hat. Deshalb halte ich da nicht viel von. Von der Spitze an muss ich Compliance (Regeltreue) leben."

(seeg/dpa)
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