WM-Affäre Bericht entlastet Beckenbauer - Entwurf wurde wohl nie umgesetzt

Köln · Entlastendes Indiz: Angeblich wurde das "Beckenbauer-Dokument" nie umgesetzt. Allerdings soll es von früheren Spitzenfunktionären selbst aufgesetzt worden sein.

Die Zuständigkeiten im Organisationskomitee der WM 2006
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Die Zuständigkeiten im deutschen OK bei der WM 2006

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Ein Bericht der Tageszeitung Die Welt entlastet Franz Beckenbauer und die anderen deutschen WM-Macher in der Affäre um Millionen-Schiebereien und vermeintliche Bestechungsversuche zumindest teilweise. Das "Beckenbauer-Dokument", ein hoch brisanter Entwurf für eine Bestechung des zwielichtigen Fifa-Funktionärs Jack Warner, ist demnach mangels Zustimmung des DFB-Präsidiums nie umgesetzt worden.

Zumindest für dieses Schriftstück wäre damit der Verdacht des Stimmenkaufs ausgeräumt. Dennoch gibt es neue Ungereimtheiten: Einst führende Verantwortliche des Deutschen Fußball-Bundes sollen nicht nur Kenntnis gehabt, sondern das Schriftstück auch selbst aufgesetzt haben. Auch das berichtet Die Welt und nennt in diesem Zusammenhang Ex-Generalsekretär Horst R. Schmidt und den inzwischen verstorbenen Gerhard Mayer-Vorfelder, DFB-Präsident ab 2001.

Schmidt bestritt dies am Samstagnachmittag aber vehement. "Nein. Ganz schlicht: nein! Das ist totaler Unsinn. Ich habe daran nicht mitgewirkt", sagte er. Am Freitag hatte Schmidt jedoch bestätigt, das Papier "im Jahr 2000 gesehen zu haben. Und ich glaube auch, dass ich nicht der Einzige war, der es gesehen hat."

Das "Beckenbauer-Dokument", ein auf den 2. Juli 2000 (vier Tage vor der WM-Vergabe) datierter Entwurf, war in den DFB-Archiven aufgetaucht. Es wurde von WM-Organisationschef Beckenbauer für die deutsche und dem früheren Fifa-Vize Warner (Trinidad/Tobago) für die andere Seite unterschrieben. Die erheblichen Zusagen an Warner legen zumindest die Option eines Stimmenkaufs vor der WM-Vergabe nahe.

Schweizer Behörden ermitteln

Unabhängig davon wird die Affäre offensichtlich ein Fall für die Schweizer Strafverfolgungsbehörden. Einem Bericht der Süddeutschen Zeitung zufolge hat sich die Bundesanwaltschaft in Bern des Themas angenommen. Dabei seien insbesondere die 6,7 Millionen Euro interessant, die der frühere adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus den deutschen WM-Machern gewährt hatte. Auch das Ticketing werde untersucht.

Angeblich sind die Millionen 2002 an die Finanzkommission der Fifa mit Sitz in Zürich geflossen, laut Beckenbauer als Sicherung für einen späteren WM-Zuschuss seitens des Weltverbandes in Höhe von 170 Millionen Euro.

Die Rückführung des Millionendarlehens erfolgte mutmaßlich via Fifa an Dreyfus, fälschlicherweise deklariert als neuer Beitrag zum Kulturprogramm des Weltverbandes. Die Bankkonten, die in der WM-Affäre eine Rolle spielen, schreibt die SZ, "scheinen der Bundesanwaltschaft bekannt zu sein".

Auch in die Suche eines Nachfolgers für den zurückgetretenen DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach wird Bewegung kommen - aber erst gegen Ende der kommenden Woche. Am Freitag will das Präsidium tagen und sich dabei im Idealfall auf einen Präsidentschaftskandidaten einigen. "Wir werden dabei die Marschroute festlegen, wie schnell es einen Präsidenten geben wird", sagte Rainer Koch (56), der den Verband mit Reinhard Rauball (68) interimsweise führt, der ARD. Koch, Präsident des Bayerischen (BFV) und Süddeutschen Fußball-Verbandes (BFV), glaubt zudem an ein einstimmiges Votum der Amateure.

Derweil bestätigte Rauball, dass "Franz Beckenbauer über sein Büro Kontakt mit uns aufgenommen und erklärt hat, er sei bereit, den Verantwortlichen Rede und Antwort zu stehen". Man sei aber der Meinung, dass "es zunächst einen zweiten Termin bei Freshfields (dem unabhängigen Aufklärer, d. Red.) geben muss".

(ems/sid)
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