Zehn Jahre nach dem Kopfstoß Zidanes Ausraster für die Ewigkeit

Paris · Vor genau zehn Jahren verließ Zinedine Zidane die Fußball-Bühne mit einem Knall. Dem Image des französischen WM-Helden hat der Kopfstoß von Berlin nicht geschadet.

Zinedine Zidane: Kopfstoß gegen Materazzi war Ausraster für die Ewigkeit
Foto: AFP

Am Samstag um 22.24 Uhr erhitzte der Kopfstoß von Zinedine Zidane noch einmal die Gemüter. "110. Minute, unfassbarer Platzverweis! Zidane stößt Materazzi!", twitterte der italienische Fußball-Verband auf die Minute genau zehn Jahre nach jenem Moment, der die Karriere des französischen WM-Helden mit einem Knall beendete. Unter dem Eintrag begann die alte Diskussion um Schimpfworte und Beleidigungen.

Jener denkwürdige 9. Juli 2006, an den der Verband mit einer Art Liveticker unter der Überschrift "Zeitmaschine" erinnerte, ist bei Fußball-Fans bis heute unvergessen. Wegen des vierten WM-Triumphs Italiens, vor allem aber wegen Zidanes Ausraster. Das Kuriose: Dem Image des Franzosen hat der Kopfstoß von Berlin nicht geschadet.

Dabei hätte Zidanes Abgang skandalöser kaum sein können. Sein letztes Bild als Fußballer ging um die Welt: Mit Tränen in den Augen stapfte Frankreichs Idol am goldenen WM-Pokal vorbei hinab in die Katakomben des Olympiastadions. "Ich habe ihn in der Kabine gesehen. Er war todunglücklich", sagte Frankreichs damaliger Verbandspräsident Jean-Pierre Escalettes.

Vielen Zuschauern, sogar jenen im Stadion, war der Aufreger zunächst verborgen geblieben. Erst die Wiederholung zeigte, wie Zidane nach einem Wortgefecht mit Marco Materazzi kurz stutzte und dem Italiener dann seinen Kopf gegen die Brust rammte. Auch Schiedsrichter Horacio Elizondo zeigte "Zizou" erst nach Rücksprache mit dem vierten Offiziellen die Rote Karte. "Der blaue Engel hat sich in einen Teufel verwandelt", schrieb die Tageszeitung Le Parisien.

Über den Inhalt des Wortgefechts wurde viel spekuliert, sogar Lippenleser wurden engagiert. Erst ein Jahr später lüftete Materazzi das Geheimnis. Nach einem Trikotzupfer habe Zidane ihm zunächst erklärt, er könnte das Shirt gerne nach Spielende haben. Darauf entgegnete Materazzi: "Ich bevorzuge deine Schwester, die Nutte". Daraufhin explodierte Zidane.

Erst vier Jahre später schlossen die beiden Frieden. Im November 2010 liefen sich die einstigen Kontrahenten zufällig in einem Mailänder Hotel über den Weg. "Ich habe mehr geredet als er", berichtete Materazzi: "Am Schluss reichte er mir die Hand und ich habe sie solange gehalten, bis er mir direkt in die Augen geschaut hat. Das war das, was ich wollte. Für mich war es ein schöner Augenblick."

Dem großen Zinedine Zidane, der Ende Mai als Trainer von Real Madrid die Champions League gewann, hat der Skandal ohnehin kaum geschadet. In Umfragen nach den beliebtesten Franzosen landet der 44-Jährige, der beim 3:0 im WM-Finale 1998 gegen Brasilien zwei Tore erzielte, noch immer auf den vorderen Plätzen.

Auch bei der Heim-EM 2016 war Zidane daher allgegenwärtig. Das Fernsehen zeigte seine Tore, die Straßenhändler verkauften Trikots mit seinem Namen, in den Wohnungen hingen Poster mit seinem Konterfei. Kein Zweifel: Auch zehn nach seinem denkwürdigen Kopfstoß wird Zinedine Zidane in Frankreich verehrt wie eh und je.

(jaso/sid)
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