Englischer Nationaltrainer Der Nächste, bitte!

London/Düsseldorf · Trainer der englischen Nationalmannschaft sind alles, aber nicht gewöhnlich. Zuletzt stolperte Sam Allardyce nach nur 68 Tagen im Amt über einen Skandal. Diese Art Fehltritte haben im Mutterland des Fußballs Tradition.

Gareth Southgate: Englischer Nationaltrainer mit Schwäche vom Elfmeterpunkt
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Das ist Gareth Southgate

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Foto: afp

Lässig lümmelt Sam Allardyce auf einer Couch in der Lobby eines Hotels. Er lästert über Roy Hodgson, seinen Vorgänger als englischer Nationaltrainer. Er lästert über Prinz William. Und schließlich verrät er noch illegale Tipps zur Umgehung von Transferbestimmungen des englischen Fußball-Verbands FA. Dumm nur, dass seine Gesprächspartner, die ihm Geld für seine Ratschläge gegeben hatten, nicht - wie vorgegeben - Geschäftsmänner sind. Es sind Journalisten vom "Daily Telegraph". Sie zeichnen die Unterhaltung mit versteckter Kamera auf und veröffentlichen die Bilder. 68 Tage nach Amtsantritt stolpert Allardyce über diesen Skandal und kommt mit seinem Rücktritt einer Entlassung zuvor. Der 61-Jährige ist damit die neue Speerspitze der Gilde englischer Nationaltrainer mit kuriosen Fehltritten.

Alles begann mit Donald "Don" George Revie. Nach erfolgreichen Jahren bei Leeds United übernahm Revie 1974 die "Three Lions". Der Erfolg wollte sich aber nicht auf die Nationalelf übertragen. Das Verpassen der WM 1978 war für Revie Signal, sich anderweitig zu orientieren. Er verhandelte mit den Vereinigten Arabischen Emiraten über einen Job - ohne Rücksprache mit der FA. Dann verkaufte er die Nachricht über seinen Rücktritt der "Daily Mail". Die FA war schockiert, verordnete ein zehnjähriges Berufsverbot, welches Gerichte aber kurz später revidierten. In den Emiraten wurde Revie auch nicht glücklich. Erst als er in Saudi Arabien in den Vereinsfußball zurückkehrte, feierte er mit Al Nasr wieder Titel.

Sven-Göran Eriksson trainierte das englische Team von 2001 bis 2006. Nach zwei Pleiten in Elfmeterschießen bei großen Turnieren war für den Schweden im Juli 2006 Schluss. Was von seiner Amtszeit hängenblieb, ist vor allem aber eine Geschichte aus dem Januar 2006. Eriksson fiel auf Undercover-Reporter Mazher Mahmood herein. Der hatte sich als Scheich ausgegeben und sich mit Eriksson in einem Hotel in Dubai getroffen, um über ein gemeinsames Engagement bei Aston Villa ab Sommer 2006 zu verhandeln. Eriksson hatte aber einen Vertrag bei der FA bis 2008.

Und dann ist da noch Steve MacClaren, der auf Eriksson folgte. Sein Engagement endete bereits nach einem Jahr, als MacClaren mit seinem Team die Qualifikation zur EM 2008 verpasste. Den meisten Spott bekam MacClaren aber nicht wegen der sportlichen Blamage ab, sondern weil er im entscheidenden Spiel nicht nass werden wollte. Er hatte sich mit Regenschirm an die Außenlinie gestellt. Für die hartgesottenen Engländer das Sinnbild einer gescheiterten Zusammenarbeit. Das Foto zierte alle Titelseiten samt wenig gnädiger Überschriften.

Heute tritt nun Gareth Southgate als Interimstrainer gegen Malta in der WM-Qualifikation das Erbe von Allardyce an. Southgates Vorteil: Seinen großen Fehltritt hat er bereits hinter sich. Im EM-Halbfinale 1996 verschoss er im Wembleystadion gegen Deutschland den entscheidenden Elfmeter.

(erer)
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