Kolumne: Gegenpressing Wenn Mitläufer zu Fußball-Millionären werden

Düsseldorf · Menschen kommen ins Stadion, um die Superstars zu sehen. Die verdienen deshalb wie Showstars. Irrsinnig aber ist, dass auch der Durchschnitt Gehälter wie ein Konzernchef bezieht.

 RP-Sportchef Robert Peters.

RP-Sportchef Robert Peters.

Foto: Phil Ninh

Dieter Zetsche ist 62 Jahre alt. Er führt den Dax-Konzern Daimler, und er verdient 9,7 Millionen Euro im Jahr. Es ist das höchste Einkommen aller Dax-Vorstände. David Alaba ist 23 Jahre alt. Er spielt bei Bayern München Fußball, und weil die Münchner ihn so toll finden, verdient er künftig zehn Millionen Euro im Jahr - ohne Prämien und jenseits seiner Werbeeinnahmen. Pep Guardiola ist 45 Jahre alt, und weil er ein hochbegabter Trainer ist, darf er ab Juli den englischen Klub Manchester City in die Geheimnisse der höheren Fußballschule einweihen. Dafür bekommt er dann nach sehr zuverlässigen Schätzungen 20 Millionen Euro im Jahr. Die Liste lässt sich bequem fortsetzen.

Man kann das ungerecht finden, überdreht, vielleicht sogar ziemlich wahnsinnig. Aber so funktioniert das Gehaltssystem im Fußball. Und warum? Weil der Markt es hergibt. Die Unterhaltungsindustrie Ballsport erzeugt Showstars, ihre Glitzerbühne umlagert ein Milliarden-Publikum, in der Spitzenklub Bayern München erzielt Jahresumsätze von einer halben Milliarde Euro. So viel Geld will einfach verteilt sein.

Es verhält sich so ähnlich wie in der Filmindustrie. Da hat - auch das eine Nachricht dieser Woche - der US-amerikanische Leinwandstar Harrison Ford für seine Mitwirkung im vierten Teil der Indiana-Jones-Serie ein Honorar von 42 Millionen Dollar eingestrichen. Er hat sich dafür nicht geschämt, er hat es als Beweis für seine Klasse genommen.

So sehen das auch die Stars im Fußballgeschäft und jene, die ihnen monströse Summen zahlen. Lionel Messi, der vielleicht beste Spieler der Welt, bekommt vom FC Barcelona im Jahr 36 Millionen Euro überwiesen. Es verursacht ihm ebenso wenig Bauchschmerzen wie seinen Fans, die sich das Geld für Tickets und Werbeartikel gelegentlich vom Munde absparen. Vor vielen Jahren begrüßten gerade die ärmsten unter den vielen armen Freunden des italienischen Klubs SSC Neapel mit lautem Jubel, dass ihr Spieler Diego Maradona der teuerste Fußballer auf dem Planeten war.

Im Sog der Außerirdischen, die mit außerirdischen Honoraren verwöhnt werden, hat es auch das Fußvolk zu erstaunlichen Einkommens-Steigerungen gebracht. Vor allem in England wird durch drastisch gewachsene TV-Einnahmen derart mit dem Geld herumgeworfen, dass selbst Durchschnittskicker viele Millionen Euro im Jahr einstecken. Zum Glanz des Geschäfts, mit dem die wilde Geldausgeberei gerechtfertigt wird, tragen sie nicht mehr bei als eine kaltschnäuzige Geschäftstüchtigkeit.

Und Verantwortung für ein Produkt, wie sie Vorstände großer Firmen zumindest übernehmen sollten, tragen die Mitläufer auch nicht. Ihr Gehalt ist deshalb der eigentliche Wahnsinn in einem Sport, in dem in der Breite längst nicht mehr die Leistung, sondern nur noch die gesellschaftliche Bedeutung des Gesamtprodukts bezahlt wird.

Der Durchschnitt findet das natürlich überdurchschnittlich gut.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort