Spielerflucht bei Darmstadt 98 Alarmstimmung statt Fußball-Romantik

Darmstadt · Bei Darmstadt 98 herrscht wenige Monate nach dem wundersamen Klassenerhalt in der Bundesliga Alarmstimmung. Den Lilien rennen die Leistungsträger davon.

Bundesliga: Trainingsauftakt bei 1899 Hoffenheim mit Sandro Wagner
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Trainingsauftakt bei Hoffenheim mit Wagner

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Bei seiner Präsentation im Wissenschaftszentrum "Darmstadtium" klopfte Norbert Meier noch flotte Sprüche. Die Bundesliga sei "sexy", so wie er selbst, meinte der Trainer von Darmstadt 98, er verzog keine Miene und sprach in ungewohnter Umgebung begeistert über Fußball-Romantik und das Märchen vom Böllenfalltor.

Rund sechs Wochen später hat ihn die Realität eingeholt. Fünf Leistungsträger haben die Lilien nach dem wundersamen Klassenerhalt in der vergangenen Saison verloren - Innenverteidiger Slobodan Rajkovic (wohl zu US Palermo) wird als Nummer sechs folgen. Auch Marcel Heller, ein weiteres Gesicht des etwas anderen Bundesliga-Klubs, will am liebsten das Weite suchen.

Niemeyer von Darmstadt-Kader nicht überzeugt

Mittelfeld-Routinier Peter Niemeyer nahm kein Blatt vor den Mund. "Ich bin ganz ehrlich: Wenn wir mit so einem Kader antreten, wie er jetzt ist, können wir die weiße Fahne hissen", sagte der 32-Jährige der "Bild".

Meier indes warnte vier Wochen vor dem Bundesliga-Auftakt beim 1. FC Köln vor Panikmache. "Wir lassen uns von außen keine Unruhe reinsetzen. Ich kann ihnen nur eins sagen: Bei uns ist absolute Ruhe im Hotel", meinte der 57-Jährige am Rande des Trainingslagers im österreichischen Haus/Ennstal - und fügte mit entschlossenem Blick an: "Wir müssen uns mit gewissen Dingen herumschlagen. Aber gehen sie davon aus, dass wir hier ganz konzentriert arbeiten können."

Doch selbst Meier wird konstatieren müssen, dass die Lage besorgniserregend ist. Der zum Ligarivalen 1899 Hoffenheim abgewanderte Stürmer Sandro Wagner hatte mit 14 Toren und vier Vorlagen maßgeblichen Anteil am Klassenerhalt. Torhüter Christian Mathenia (Hamburger SV), Luca Caldirola (Werder Bremen), Konstantin Rausch (1. FC Köln), Tobias Kempe (1. FC Nürnberg) und Rajkovic, der in dieser Woche die Freigabe erhielt, waren in der ersten Bundesliga-Saison nach 33 Jahren Leistungsträger.

Publikumsliebling Heller will weg

Für weiteres Ungemach sorgte die Bitte des Publikumslieblings Heller, den Verein ebenfalls vorzeitig verlassen zu dürfen. "Egal, was passiert, er bleibt. Basta", stellte der neue Lilien-Sportdirektor Holger Fach in der "FAZ" klar. Auch ein Gespräch mit Präsident Rüdiger Fritsch änderte Hellers Meinung nicht. Über einen Klubsprecher ließ der Flügelflitzer ausrichten, dass sein Wechselwunsch nach wie vor bestehe.

Trotz des Radikal-Umbruchs sei die Grundstimmung "absolut positiv", beteuerte Fach. Obwohl im Trainingslager in der Steiermark oft nur 16 Profis auf dem Platz standen. Sogar Co-Trainer Frank Heinemann trainierte einmal mit. Als namhaftester Neuzugang gilt Defensivallrounder Immanuel Höhn vom SC Freiburg.

Viel Arbeit also für Kapitän Aytac Sulu, dem selbst Abwanderungsgedanken nachgesagt wurden. "Wer die letzten Jahre verfolgt hat, weiß, dass wir immer gegen Ende die Leute verpflichtet haben, die zu uns passen und uns verstärkt haben", sagte der Abwehrchef: "Es kann noch viel passieren. Es ist noch viel Zeit."

(old/sid)
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