Jahrelanger Rechtsstreit Stolpert die Fifa über den Provinzklub SV Wilhelmshaven?

Ein Provinzklub könnte dem Fußball-Weltverband Fifa ein Bein stellen. Der jahrelange Rechtsstreit zwischen dem SV Wilhelmshaven geht in die entscheidende Runde vor dem höchsten deutschen Zivilgericht.

 Der kleine Fußballklub SV Wilhelmshaven streitet seit fast neun Jahren mit den großen Fußballverbänden.

Der kleine Fußballklub SV Wilhelmshaven streitet seit fast neun Jahren mit den großen Fußballverbänden.

Foto: dpa, sar nic kno

Der kleine Fußballklub SV Wilhelmshaven streitet seit fast neun Jahren mit den großen Fußballverbänden. Nächster Schauplatz ist am Dienstag das höchste deutsche Zivilgericht, der Bundesgerichtshof (BGH). Der Provinzklub von der Nordseeküste will den Zwangsabstieg aus der Regionalliga rückgängig machen. Dagegen wehren sich die Verbände. Am Dienstag könnte der jahrelange Zwist zu Ende gehen. Möglich, dass die Fifa-Regeln dann im Abseits stehen. Siegt der kleine Klub, könnte dies das Ende der heutigen Form der sogenannten Ausbildungsentschädigung bedeuten.

Worüber wird am Dienstag verhandelt? Der BGH muss über eine Revision des Norddeutschen Fußball-Verbandes (NFV) urteilen. Ende 2014 hatte das Oberlandesgericht (OLG) Bremen den im Auftrag des Weltverbandes Fifa verhängten Zwangsabstieg des SV Wilhelmshaven für unwirksam erklärt. Zudem stellte das OLG fest, dass maßgebliche Fifa-Regeln zur Ausbildungsentschädigung gegen europäisches Recht verstoßen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falles hatte das OLG die Revision zugelassen.

Wie kam es zu dem Streit? Die Amateure aus Wilhelmshaven weigerten sich viele Jahre, für ihren ehemaligen Spieler Sergio Sagarzazu eine Ausbildungsentschädigung an zwei argentinische Vereine in Höhe von 157.500 Euro zu zahlen. Der Argentinier mit einem italienischen Pass stand von 2007 bis 2008 beim SVW unter Vertrag gestanden. Vor dem Zwangsabstieg wurden dem Club zweimal sechs Punkte abgezogen und er verlor mehrere Prozesse bei deutschen Sportgerichten und beim Internationalen Gerichtshof CAS.

Nach dem Zwangsabstieg zog der Club vor das Landgericht Bremen, wo er scheiterte. Gegen das Urteil legte der Verein Rechtsmittel ein. Die nächste Instanz, das OLG, entschied für Wilhelmshaven.

Wie wird das Urteil des BGH aussehen? Das ist offen. Der BGH könnte das zweite Bremer Urteil bestätigen, dann wäre es rechtskräftig. Es könnte aber auch die Entscheidung des OLG aufheben und das Urteil der ersten Instanz wieder herstellen. Auch eine Neuverhandlung in Bremen ist denkbar. Für eine Aufhebung könnte der Fall um die Eisschnelllauf-Olympiasiegerin Claudia Pechstein sprechen. Anfang Juni war der Eislauf-Verband ISU mit einer Revision am BGH erfolgreich. Bei diesem Fall hatten die Richter entschieden, dass die Klage von Pechstein vor einem Zivilgericht unzulässig war und die Sportschiedsgerichte alleine zuständig bleiben. Diese Frage spielt auch beim Fall Wilhelmshaven eine Rolle.

Was könnte es bedeuten, wenn die Revision scheitert? Der SVW möchte eine finanzielle Entschädigung und in die Regionalliga zurück. Denkbar wäre, dass der Verein versucht, sich wieder in die Regionalliga einzuklagen. Auch um Schadenersatz vom Verband zu bekommen, müsste er klagen. Dieser Einzelfall wäre Wasser auf die Mühlen der Kritiker von Sportgerichten. Sie sehen diese Schiedsgerichte oft nicht als unabhängig an. Zudem müsste die Fifa das System der Ausbildungsentschädigungen wohl reformieren. Laut OLG-Urteil widerspricht das Vorgehen der Verbände dem Recht auf freie Berufswahl.

Was ist aus dem SV Wilhelmshaven seit dem Zwangsabstieg geworden? Der Verein ist steil abgestürzt. Zum Zeitpunkt der Sagarzazu-Verpflichtung spielte Wilhelmshaven in der Regionalliga Nord - der damals dritthöchsten Spielklasse. Nach dem Zwangsabstieg 2014 rutschte der Verein ab. In der abgelaufenen Saison wurde er Vorletzter der Landesliga Weser-Ems und spielt nun in der Bezirksliga, der siebten Klasse.

(dpa)
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