Zum Tode Sascha Lewandowskis Der Authentische

Düsseldorf · In Sascha Lewandowski verliert die Fußballwelt nicht in erster Linie einen ihrer Trainer, denn die reine Berufsbezeichnung war beileibe nicht das, was den gebürtigen Dortmunder in erster Linie auszeichnete. Lewandowski war immer erst Mensch, ein authentischer Gegenüber. Und damit hob er sich weit mehr von anderen Protagonisten in dieser Branche ab, als er selbst wohl dachte.

Bilder aus der Karriere von Sascha Lewandowski
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Foto: dpa, pse fdt

Bayer Leverkusens langjähriger Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser und großer Förderer Lewandowskis sagte in einer ersten Reaktion, er habe bei Lewandowski nie das Gefühl gehabt, dass dieser in Gesprächen etwas anderes sage, als er denke. Und genauso erlebten ihn im Prinzip alle, die ihm mal begegneten. Privat wie beruflich. Dabei war Lewandowski nicht etwa Sprücheklopfer aus Kalkül, er widerstand einfach aus innerer Überzeugung der Versuchung des Geschäfts, ein stromlinienförmiger Liebling zu werden. Das hätte auch nicht zu Lewandowski gepasst, zu ihm und seinem charmanten, offenen Ruhrgebiets-Naturell.

Wer ihn bei seiner Arbeit als Jugendtrainer beobachtete, sah einen Fachmann im Amt und dazu einen sozialkompetenten Förderer seiner Spieler, die eben nebenbei auch ganz einfach Jungs und noch lange keine fertigen Profis waren. Lewandowski wartete dann auch lange, länger als viele andere es wohl getan hätten, bis er dem Ruf nach oben in den Profibereich erlag. Und er tat es wohl auch in weiten Teilen aus Loyalität gegenüber seinem Arbeitgeber Bayer 04, der im April 2012 soeben Cheftrainer Robin Dutt beurlaubt hatte.

Im Gespann mit dem Volkshelden Sami Hyypiä arbeitete der uneitle, aber streitbare Lewandowski eine Saison lang richtig gut zusammen, ohne dass die beiden völlig verschiedenen Charaktere einen Hehl daraus gemacht hätten, dass sie jetzt nicht unbedingt beste Freunde würden. Jedem Beobachter indes wurde dabei irgendwann klar, dass es Lewandowski war, der taktische Marschrichtung und weitgehende Trainingssteuerung inne hatte, während Trainer-Neuling Hyypiä eher auf die Mentalität der Spieler abzielte. Im Duo funktionierte das.

Doch Lewandowski war eben Lewandowski, und das Fußballgeschäft wollte sich wegen ihm nicht ändern. Und weil er 2013 auch nach mehr als einem Jahr in der Bundesliga innerlich nicht überzeugt war, dass es das für ihn wirklich ist, zog er sich auf den Posten den Jugendcheftrainers in Leverkusen zurück. Er hatte einfach gemerkt, dass er mit seiner Art in bestimmten Bereichen des Profigeschäfts immer wieder anecken würde. Und verstellen wollte er sich eben nicht. Er war kein Revolutionär, aber alles blind akzeptieren, was der Fußball an unschönen Seiten zu bieten hat, das wollte er ganz bestimmt nicht.

Nach seinem erfolgreichen Wirken in Leverkusen galt Lewandowski als eines der größten Trainertalente Deutschlands. Und es schien nur eine Frage, bis er auch mal außerhalb des Werksklubs im Profibereich zeigen würde, was er kann. Seine größte Qualität war vielleicht: zu sezieren, was er mit einer Mannschaft für ein System und für eine Taktik spielen wollte und genau das den Spielern zu vermitteln. 2015 wollte Lewandowski es dann noch einmal wissen und übernahm Zweitligist Union Berlin. Dort schied er im März dieses Jahres mit einem Burn-out-Syndrom aus. Sascha Lewandowski wurde 44 Jahre alt. Ohne ihn ist die Branche wieder ein Stückchen weniger authentisch.

(klü)
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