Salzburg-Fans sauer auf Klubführung Aufstand gegen rote Bullen

Salzburg/Leipzig · Fans von RB Salzburg sind sauer, weil Investor Red Bull sich lieber auf sein Fußball-Projekt in Leipzig konzentriert.

 Die Fans von RB Salzburg wollen den Status "Ausbildungsverein" nicht akzeptieren.

Die Fans von RB Salzburg wollen den Status "Ausbildungsverein" nicht akzeptieren.

Foto: C. Schnettler

Man muss Red Bull eigentlich ziemlich dankbar sein. Der Getränkekonzern führt in diesen Tagen eindrucksvoll vor, dass der Fußball einen noch nicht komplett abgestumpft hat. Dass doch noch nicht alles beliebig ist in einem so durch und durch kommerzialisierten Geschäft. Er zeigt mit seinem Gebaren indes auch: Der Sport ist auf dem besten Weg dazu, weil es niemanden gibt, der Red Bull aufhält.

Daran wird auch nicht ein Brief ändern, den ein paar empörte Fans an ihren Verein geschrieben haben. Die Anhänger des österreichischen Meisters Red Bull Salzburg sind nämlich mächtig sauer auf den eigenen Klub. Der spielt mittlerweile viel lieber mit einem anderen Spielzeug. Der Investor konzentriert sich nun auf sein Engagement bei Bundesliga-Aufsteiger RB Leipzig - aus lizenzrechtlichen Gründen steht RB für Rasenballsport Leipzig. Mit Leipzig hat das Unternehmen noch eine Menge vor. Die Österreicher sind dagegen nur noch Ausbildungsverein für die Sachsen.

Vertreter der Salzburger Fanszene wollen sich das so nicht bieten lassen und haben nun einen offenen Brief an die Vereinsvertreter und an den mächtigen Sponsor geschrieben. Sie beklagen darin nur noch eine "Lachnummer im Klubfußball" zu sein. "Wir sind diejenigen, die ,Regen und Wind, Sturm und Schnee' (Auszug aus einem unserer Gesänge) trotzen und unsere Mannschaft in guten und schlechten Zeiten unterstützen. Doch woran sollen wir noch glauben? Hinter wem sollen wir stehen? Eingespielte Mannschaften werden (fast schon ,traditionell') ständig zerrissen, was unsere Elf ständig an höheren sportlichen Erfolgen scheitern lässt."

Salzburg schafft CL-Quali zum neunten Mal nicht

In den vergangenen Jahren sind mehr als ein Dutzend Profis von Salzburg nach Leipzig geschoben worden. In diesem Sommer haben die Sachsen neben dem Brasilianer Bernardo auch Mittelfeldspieler Naby Keita und Verteidiger Benno Schmitz aus der Mozartstadt verpflichtet. Das hat vor allem große Vorteile für das Projekt in Leipzig. Talente können geparkt und in Ruhe ausprobiert werden. Ein Team kann sich auf diese Weise allerdings nur noch schwerlich in Salzburg finden. Unlängst ist der Klub zum neunten (!) Mal in Folge in der Qualifikation für die Gruppenphase der Champions League gescheitert. In der Europa League trifft er nun in der Vorrunde unter anderem auf den FC Schalke 04.

Man kann es sich natürlich einfach machen und die Sorgen der Salzburger Fans als nicht mehr zeitgemäße Fußball-Romantik zur Seite schieben. Was erlauben sich die Anhänger eigentlich? Sie besitzen die Dreistigkeit, sich zu beschweren! Sachen gibt's. In der heutigen Zeit ist man schon verschreckt, wenn sich Fans nicht nur eine Bratwurst im Stadion bestellen, sondern auch eine Meinung haben. Die ist nur noch in ganz begrenztem Maße erwünscht. Fans sind für schöne Bilder da, für Emotionen, Stimmung in den Stadien. Dafür zahlen Sponsoren.

Red Bull ist sozusagen das Endergebnis. Ein Unternehmen, dass sich nicht nur einen Teil dieser Bühne sichert und als Trikotsponsor oder auf einer Werbebande auftaucht, sondern gleich die ganze Bühne einnimmt. In Deutschland ist das offiziell eigentlich nicht möglich. Die Deutsche Fußball Liga (DFL) hat aber auch keine ernsthafte Gegenwehr geleistet, für strengere Regeln zur Einbindung von Investoren. Und so firmiert "RB" hierzulande offiziell als Verein. Die Minimalanforderung der DFL, damit Leipzig bei den Großen mitspielen durfte. In den Statuten nennt sich das 50+1-Regel. Danach muss die Mehrheit der Anteile in der Hand eines Vereins liegen. Der Klub hat etwas mehr als 600 Mitglieder, von denen allerdings nur 17 stimmberechtigt sind. Der Grund für diese kleine Anzahl liegt an einem Beitrag von knapp 800 Euro im Jahr plus 100 Euro Aufnahmegebühr und diversen Möglichkeiten, unliebsamen Kräften den Eintritt per se zu verweigern. Der "sächsische Kunstverein", wie das Fußballmagazin "11 Freunde" spöttelte, hat von der DFL einen äußerst großzügigen Handlungsspielraum bekommen.

Es ist oft die Rede davon, dass der Untergang der Fußballkultur aus der Dose kommen würde. Besonders sogenannte Traditionsvereine versuchen sich so abzugrenzen und wettern gegen die Kommerzialisierung des Geschäfts. Bei der nächsten Mitgliederversammlung versuchen die selben Funktionäre dann aber wieder Rekordergebnisse zu verkünden. Die Wahrheit: Es ist einfach viel Scheinheiligkeit mit im Spiel.

So ist das auch mit den Fans aus Salzburg. Man kann nämlich auch sagen, dass sie das seelenlose Spiel viele Jahre ziemlich brav und lautlos mitgemacht haben. Denn Red Bull hat in Salzburg über viele Jahre die Muskeln spielen lassen, aber über die qualitativ nur mäßige österreichische Liga hinaus keinen Eindruck hinterlassen können. Giovanni Trapattoni war 2006 dort mal Trainer, Lothar Matthäus sein Assistent. Dietmar Beiersdorfer, mittlerweile Vorstandsvorsitzender beim Hamburger Sportverein, durfte sich von 2009 bis 2011 als Sportlicher Leiter versuchen.

Absturz statt Flügel

Red-Bull-Gründer Dietrich Matteschitz hat bislang schon Millionen in den Fußball gesteckt. Er ist für ihn eine gigantische Vermarktungsplattform für seinen Energydrink, der Flügel verleihen soll. In Salzburg droht ein rasanter Absturz, weil Leipzig mehr Aufmerksamkeit verspricht. Die Sachsen peilen ganz bescheiden im ersten Bundesligajahr nicht den Klassenerhalt an, sondern einen Platz im oberen Teil der Tabelle. Mittelfristig sind die internationalen Plätze ein Ziel.

Das Geschäftsmodell RB Leipzig ist nur der Anfang einer neuen Fußballwelt, in der Klubs wie Leverkusen (Bayer), Wolfsburg (Volkswagen) und Hoffenheim (Dietmar Hopp) schon jetzt eine gewichtige Rolle spielen. Doch schon längst sind auch bei vielen Spitzenklubs des Landes Investoren mit an Bord. Bei Rekordmeister FC Bayern München sind zum Beispiel Adidas, Allianz und Audi mit jeweils 8,33 Prozent an der ausgegliederten Profiabteilung beteiligt.

Immerhin machen nicht alle mit. Verteidiger Martin Hinteregger lehnte einen Wechsel zu Leipzig ab. Er ging nach Augsburg und verzichtete auf viel Geld. "Die Art und Weise, wie Leipzig Salzburg kaputtmacht, ist nicht schön anzuschauen", sagte er. "Ich finde das schade, denn im Endeffekt sind es zwei verschiedene Vereine, aber es wird alles aus Leipzig regiert, alles nur zu Leipziger Gunsten. Salzburg wird komplett links liegengelassen."

(gic)
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