Weltmeister in der Krise Verletzt, überspielt oder komplett aussortiert

23 Spieler wurden im Sommer in Brasilien Fußball-Weltmeister. Nicht für alle lief es danach wie gewünscht.

Mats Hummels präsentierte sich vor allem in der Hinrunde formschwach.

Mats Hummels präsentierte sich vor allem in der Hinrunde formschwach.

Foto: dpa, ade

Gegen einen Weltmeister spielen zu dürfen, einen aktuellen noch dazu, ist für einen Drittliga-Fußballer eine absolute Seltenheit. Für die Gegner der 2. Mannschaft von Borussia Dortmund stehen die Chancen derzeit aber sehr gut. Erik Durm stand für die U23 des BVB gegen Arminia Bielefeld und Sonnenhof Großaspach auf dem Platz, Matthias Ginter schließlich am vergangenen Wochenende gegen den MSV Duisburg.

In Dortmund bemühte man sich zwar, den Einsatz des 21-Jährigen als "normalen Vorgang" und "einmalige Sache" zu erklären. Doch Fakt ist: Der im Sommer für zehn Millionen Euro verpflichtete Weltmeister ist beim BVB nur Innenverteidiger Nummer vier, und so reichte es für ihn nicht einmal für einen Platz im Kader. Sein vorheriger Verletzungsausfall rechtfertigt jedenfalls nicht die Tatsache, sich in der Zweitvertretung "Spielpraxis" holen zu müssen: Ginter fehlte wegen einer Zerrung gerade mal eine Woche.

Doch gerade die fünf Dortmunder Weltmeister stehen sinnbildlich dafür, dass es nicht für alle der "Helden von Rio" seit dem WM-Triumph gut lief. Von 2340 Bundesliga-Minuten absolvierte Ginter etwas mehr als ein Viertel, Durm oder Kevin Großkreutz nur knapp die Hälfte. Roman Weidenfeller verlor zwischenzeitlich seinen Stammplatz im Tor, auch Mats Hummels erwischten Verletzungen und ein Leistungsloch.

Doch nicht nur auf manchem BVB-Spieler lastet der "Weltmeister-Fluch", den der Boulevard im Herbst angesichts einiger privater Trennungen und zahlreicher Verletzungen schon wähnte. Sein Team sei im Moment keine Einheit, konstatierte Bundestrainer Joachim Löw bei der ersten Zusammenkunft 2015, und das könne es auch gar nicht sein: "Die Mannschaft ist nicht eingespielt. Manche Spieler hatten wahnsinnig wenig Spielpraxis."

Und das betrifft aus unterschiedlichsten Gründen eben nicht nur die Dortmunder, die in Brasilien überwiegend Ersatz waren (nur Hummels kam zum Einsatz). Löw nominierte bis auf Ginter, Durm, Großkreutz, den verletzten Julian Draxler und die drei zurückgetretenen Philipp Lahm, Per Mertesacker und Miroslav Klose zwar alle 16 Weltmeister für das erste Spiel des Jahres gegen Australien. Doch unter diesen befinden sich zahlreiche Sorgenkinder.

Allen voran Lukas Podolski, der im Winter eigens für seine Chancen in der Nationalmannschaft vom FC Arsenal zu Inter Mailand gewechselt war, dort aber ebenfalls eine frustrierende Zeit erlebt. Löw nominierte den 121-maligen Nationalspieler aus Dankbarkeit und um ihm den Rücken zu stärken, stellte aber auch klar, dass es "keinen Treue-Bonus für alle Zeit" gibt.

Auch für Sami Khedira, einen der Lieblingsspieler Löws, wird spätestens im Sommer die Schonzeit vorbei sein, wenn er Real Madrid verlässt. Für die Königlichen stand Khedira gerade mal in elf Ligaspielen auf dem Platz, und das nur für durchschnittlich 27 Minuten. Nachdem sich der 27-Jährige nach einem Kreuzbandriss in den WM-Kader gekämpft hatte, stehen in dieser Saison schon ein Muskelbündelriss, eine Knöchel- und eine Rückenverletzung, eine Gehirnerschütterung und ein Muskelfaserriss in seiner Krankenakte.

Lange Verletzungen plagten auch Draxler (Sehnenriss im Oberschenkel/8 Ligaspiele), Lahm (Bruch des Sprunggelenks/13), Mesut Özil (Knieverletzung) oder Bastian Schweinsteiger (Patellasehne/beide 14). Auch Andre Schürrle verhalf der Titel des Weltmeisters nicht zum Durchbruch beim FC Chelsea, beim VfL Wolfsburg ist er den Nachweis, 32 Millionen Euro wert zu sein, bisher schuldig geblieben.

Löw stärkt seinen Weltmeistern bisher noch den Rücken, "doch wenn es um die EM-Nominierung geht, spielt es schon eine große Rolle, wer in guter Form ist". Spätestens dann ist der verdiente Weltmeister-Bonus aufgebraucht.

(sid)
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