DFB-Team kämpft mit der Abschlussschwäche La Mannschaft braucht zu viele Chancen

Hamburg/Düsseldorf · Bundestrainer Löw verlangt mehr Effektivität vor dem Tor. Sein Team spielt gegen Tschechien und Nordirland.

DFB-Team trainiert am Millerntor
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Die Fußballweisen des DFB haben die Köpfe in Düsseldorf zusammengesteckt. Workshop nennen sie das. Drei Tage dauerte er, und auf der Tagesordnung standen die nach allen Regeln der Sportwissenschaft erhobenen Erkenntnisse aus der Europameisterschaft. Bundestrainer Joachim Löw und sein Team aus Fachleuten haben Videos studiert, Tabellen verglichen, Zahlen bestaunt, Namen gewispert, Spielzüge analysiert. Vor den WM-Qualifikationsspielen gegen Tschechien (Samstag in Hamburg) und Nordirland (Dienstag in Hannover) hat Löw das mit großer Spannung erwartete Ergebnis der "Welt" präsentiert. Es lautet: "Wir müssen effektiver werden." Wer hätte das gedacht?

Schon unmittelbar nach der EM äußerten scharfe Kritiker der Nationalelf den Verdacht, dass sieben Treffer in sechs Spielen nicht eben eine Topquote für einen Titelanwärter seien. Da wussten sie natürlich noch nicht, was die DFB-Fußballlehrer und ihre wissenschaftlichen Assistenten herausfinden würden. Daher traute sich auch damals niemand aus dem Verband, derartige Vermutungen zu bestätigen. Jetzt schon.

Die Abschluss-Schwäche ist aber bereits der einzige Mangel, den sich das Trainerteam bescheinigen lässt. Darüber hinaus lieferten die Daten und Videoaufzeichnungen reichlich Material zur Selbstbestätigung. Löw hat deshalb gern verraten, dass seine Mannschaft beim EM-Turnier in allen Bereichen, die er für relevant hält, besser war als die Konkurrenz. Er nannte die Ballbesitzzeiten, die gelungenen Pässe im letzten Drittel des Spielfelds, die Laufleistung des Teams und das Geschick seiner Spieler bei der Verhinderung gegnerischer Konterangriffe. In diesen Disziplinen habe die DFB-Auswahl sogar das Ergebnis der WM übertroffen. Es wundert Löw wahrscheinlich noch heute, dass nur ein Detail nicht so recht zu passen scheint. Anders als in Rio 2014 langte es im französischen Sommer nicht zum Titel. Im Halbfinale war gegen Frankreich die Endstation erreicht. Dieses Spiel ist für Löw das Sinnbild für das Problem seiner Mannschaft. Sie spielte - vor allem vor der Pause - sehr ansehnlich, aber sie schoss kein Tor. Die Franzosen waren deutlich effektiver, sie trafen zweimal. So etwas reicht bekanntlich in einer Sportart, die den Schönheitspreis nicht kennt.

Löw will trotzdem von seiner fußballerischen Wunschvorstellung nicht abrücken. "Ich will den schönen Fußball", hat er mal im Gespräch mit dieser Redaktion gesagt. Er könnte ein Brasilianer sein, dem das "Jogo bonito" (das schöne Spiel) über alles geht. So weit aber will er sich dann doch nicht für die Kunst um der Kunst willen begeistern. Schließlich geht es irgendwann um den Sieg. Und so hat der Bundestrainer bereits vor einem Jahr diesen Satz gesagt: "An unserer Spielweise gibt es keinen Zweifel, das ist der absolut richtige Weg, aber unser Spiel seriös zu Ende zu spielen, ist aktuell für mich das wichtigste Thema." Er könnte das zwölf Monate später wortgetreu wiederholen. Und nichts wäre falsch.

Gesagt hat er diesen Satz nach einer überraschenden 0:1-Niederlage in der EM-Qualifikation in Irland. Nach alter Sitte hatte seine Mannschaft in Dublin ihre Chancen verschwendet, den spielerisch hoffnungslos unterlegenen Iren gelang ein entschlossener Spielzug, und der amtierende Weltmeister war geschlagen.

Auch damals tagte anschließend der DFB-Wissenschaftsrat. Das Zwischenergebnis veröffentlichte wie immer der oberste Trainer der Nation. "Wir brauchen sechs Großchancen für ein Tor", erklärte Löw. Und dann sagte er noch: "Wir sind nicht mehr so tödlich für den Gegner." Bei der WM hatte das anders ausgesehen. Beim historischen Schützenfest gegen die Brasilianer war fast jede Chance einer der sieben Treffer der Deutschen.

Seither ist die Quote beständig weniger tödlich geworden. Neueste Alarmzahlen aus dem Workshop zur EM: Zwischen zwölf und 13 Torgelegenheiten benötigen Jogis Jungs für einen Treffer, doppelt so viele wie vor einem Jahr. Das darf so natürlich nicht weitergehen, wird Löw der Mannschaft gesagt haben.

Und es ist sogar schon besser geworden. Beim 3:0-Sieg zum Auftakt der WM-Qualifikation in Oslo gegen Norwegen war handgezählt nach jeder zweiten Chance der Ball im Netz. Das lag vor allem an guten Einfällen von Mesut Özil und an Thomas Müllers wiederentdeckter Treffsicherheit. An Müller knüpft Löw vermutlich die größten Hoffnungen auf mehr Effizienz im Angriffsspiel. Und vielleicht wird er in diesen Tagen Toni Kroos wieder an die Schönheiten des Weitschusses erinnern. Kaum jemand auf der Welt hat eine bessere Schusstechnik als der Mittelfeldspieler von Real Madrid. Das könnte gegen abwehrstarke Gegner helfen. Und andere gibt es in der Qualifikation zunächst mal nicht.

(pet)
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