Zuckerpässe in die Offensive Boateng und Hummels berauschen sich an ihrem eigenen Spiel

Hamburg · Zwei Spielmacher im Abwehrzentrum: Jerome Boateng und Mats Hummels verzaubern selbst die Mitspieler mit ihren "Zuckerbällen". Die Spielweise war kein Zufall.

Thomas Müller war mit der Unterstützung aus der Hintermannschaft sehr zufrieden.

Thomas Müller war mit der Unterstützung aus der Hintermannschaft sehr zufrieden.

Foto: dpa, ahe fgj

Die Mitspieler waren verzückt, Bundestrainer Joachim Löw zeigte sich begeistert, und die überforderten Tschechen liefen nur noch hinterher: Jerome Boateng und Mats Hummels avancierten mit ihren wie an der Schnur gezogenen Traumpässen beim souveränen 3:0 (1:0) in der WM-Qualifikation zu zwei Spielmachern im Abwehrzentrum und machten damit sogar dem starken Mesut Özil dessen Rolle streitig.

"Ich habe schon vor zehn Jahren aus Spaß gesagt, wenn einer in meinem Verein die Nummer 10 abgibt, dass ich sie nehme", sagte Hummels mit einem breiten Grinsen. So weit wird es zwar nicht kommen, doch mit ihrem Gala-Auftritt sorgten die zwei Münchner in Hamburg bei Fans und Mitspielern gleichermaßen für Jubelstürme.

"Die Pässe von den beiden Innenverteidigern waren grandios. Das waren echte Zuckerbälle. Da konnten wir gleich mehrere Spieler aus dem Spiel nehmen", sagte Benedikt Höwedes. Die Zahlen belegten die Worte des Schalkers: Boateng etwa überspielte mit seinen Bällen gleich 94 Gegner - ein bärenstarker Wert.

Wer spielt den schönsten Pass?

Besonders in der ersten Halbzeit öffneten Boateng und Hummels mit ihren langen Diagonalbällen immer wieder das Spiel und brachten die Mitspieler in glänzende Positionen. "Es war schon ein Battle, wer den schönsten Pass spielt", lobte Kapitän Manuel Neuer.

Ein Zufall war der bemerkenswerte Auftritt der beiden Innenverteidiger im Volksparkstadion nicht. Seit Donnerstag wurden diese Bälle im Training immer wieder geübt. "Wir haben erkannt, dass die Abwehr mit Diagonalbällen und Spielverlagerung aufzureißen ist, weil sich die Mannschaft der Tschechen im Zentrum zusammenzieht. Mit den Diagonalbällen kamen wir hinter die Abwehr und haben dort Probleme geschaffen. Die beiden Innenverteidiger haben es überragend gemacht, auch in der Spielauslösung. Das Ziel ist ja immer, möglichst viele Gegner zu überspielen", sagte Löw.

Seiner eigentlichen Aufgabe in der Defensive kam das vielleicht weltbeste Duo in der Innenverteidigung ebenfalls "ohne Fehl und Tadel" (Löw) nach. Berauscht vom eigenen Spiel leitete Boateng den Ball sogar künstlerisch mit der Hacke weiter, Hummels setzte zu Solo- und Flankenläufen an. "Jerome und ich haben immer gute Lösungen gefunden", fasste Hummels treffend zusammen.

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Noch Potenzial im Zusammenspiel

Dabei haben die Weltmeister aus Verletzungsgründen in dieser Saison im Verein noch keine einzige Minute zusammengespielt. "Wir kennen uns schon gut, aber wenn wir jetzt noch tagtäglich im Verein trainieren, ist noch ein bisschen Potenzial drin", sagte Hummels. Die künftigen Gegner dürften diese Worte mit Schrecken vernehmen, zumal Boateng und Hummels trotz ihrer starken Leistung und des Lobes von allen Seiten cool blieben.

Ein kurzes Abklatschen, eine schnelle Umarmung - auf große Jubelszenen verzichteten sie nach dem Abpfiff. Boateng erklärte in seiner typisch gelassenen Art: "Ich habe das früh trainiert und versucht, es immer weiter zu verbessern. Deshalb gelingt es mir, den Ball ab und zu ganz gut anzubringen." Eine maßlose Untertreibung.

(sid)
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