Länderspiel gegen Niederlande Nationalelf setzt ein Zeichen

Paris · Das Länderspiel gegen die Niederlande findet statt. Die Bundeskanzlerin und zahlreiche Minister kommen nach Hannover.

Deutschland tritt gegen die Niederlande an.

Deutschland tritt gegen die Niederlande an.

Foto: afp, le

Bastian Schweinsteiger war am Sonntag "immer noch fassungslos darüber, was am Freitag passiert ist". Der Kapitän der Fußball-Nationalmannschaft schrieb bei Twitter: "Ich möchte allen, die von dieser Tragödie betroffen sind, mein tiefstes Mitgefühl aussprechen." Er erinnerte nicht nur an die Anschläge von Paris, sondern auch an einen Doppelanschlag vergangene Woche in Beirut, dem 40 Menschen zum Opfer fielen. Kapitän Schweinsteiger reiste am Samstag nicht mit seinen Mitspielern nach Frankfurt. Er fehlt auch am Dienstag, wenn sein Team im letzten Länderspiel des Kalenderjahres in Hannover auf die Niederlande (20.45 Uhr/Live-Ticker) trifft. Ob er als Zuschauer ins Stadion gehen wird, war gestern offen. Bundeskanzlerin Angela Merkel und viele Minister haben ihren Besuch angekündigt.

Am Nachmittag hatte der DFB bekanntgegeben, dass die Begegnung im ehemaligen Niedersachsenstadion tatsächlich stattfinden wird. Reinhard Rauball, Delegationsleiter und DFB-Interimspräsident, sagte: "Die Botschaft ist klar: Wir lassen uns nicht vom Terror einschüchtern. Dass die Mannschaft wenige Tage nach den schlimmen Erfahrungen beim Länderspiel in Paris wie geplant gegen die Niederlande aufläuft, ist ein gebotenes Zeichen."

Die Niederländer begrüßten den deutschen Entschluss. "Wir finden die Entscheidung gut und freuen uns auf das Spiel, auch wenn Freude angesichts der schrecklichen Ereignisse von Paris im Moment der falsche Ausdruck ist", sagte ein Verbandssprecher.

Der DFB überarbeitet sein Sicherheitskonzept für Hannover. "Wir werden die Maßnahmen in Absprache mit den örtlichen Behörden ganz genau überprüfen und anpassen", sagte DFB-Sicherheitschef Hendrik Große Leffert, "das ist ein schmaler Grat, und man muss für die Gefahren eine große Sensibilität haben. Aber wir werden ein Zeichen geben, dass sich die Zuschauer im Stadion sicher fühlen können."

Trotz der Trauer will die französische Nationalmannschaft morgen (21 Uhr) im Londoner Wembley-Stadion gegen England wie geplant antreten. "In Zeiten des Terrors müssen alle, die ihr Land und dessen Vielfältigkeit repräsentieren, zusammenstehen gegen den Horror, der keine Farbe und keine Religion hat", sagte Nationalspieler Lassana Diarra. Für den 30-Jährigen von Olympique Marseille wird die Partie gegen England besonders emotional: Er trauert um seine Cousine, die bei der Anschlag-Serie ums Leben kam. Die Schwester von Offensivspieler Antoine Griezmann überstand dagegen körperlich unbeschadet das Attentat im Konzertsaal Bataclan.

In sozialen Netzwerken werden die englischen Fans dazu aufgerufen, im Wembley-Stadion die französische Nationalhymne zu singen. "Wenn du ein Ticket für das Spiel hast, ist es jetzt an der Zeit, die Marseillaise zu lernen", twitterte zum Beispiel der britische TV-Reporter Mark Pougatch. Verhindern kann das Spiel als Symbol für die Freiheit nur eine verschärfte Sicherheitslage. "Sollten die britischen Behörden zu einer neuen Einschätzung der Lage kommen, würden wir die Angelegenheit neu überlegen", teilte ein Sprecher des französischen Fußballverbandes mit.

Nach den Anschlägen am Freitag sollte die deutsche Nationalmannschaft mit dem Teambus zurück ins Hotel gebracht werden. Darin wäre sie aber zu einer zu leichten Zielscheibe geworden - immerhin steht auf dem schwarzen Bus in weißen Lettern groß "Die Mannschaft". Später hieß es dann, die Spieler würden auf kleine Wagen verteilt das Stade de France verlassen. Dabei hat es sich aber nur um ein Ablenkungsmanöver gehandelt. Die Polizei hatte schnell dafür plädiert, dass die DFB-Delegation nicht in der Nacht noch den Transfer zum Hotel antreten sollte. Also blieb sie in der Kabine und richtete sich so gut es ging ein. Matratzen wurden ausgelegt, nur wenige Spieler fanden Schlaf. Manche beteten, andere hörten Musik oder suchten Ablenkung in Gesprächen. Die Franzosen erklärten sich solidarisch - solange die Deutschen im Stadion hätten bleiben müssen, würde man das Gelände ebenfalls nicht verlassen. Der Verband FFF bot den Deutschen an, Zimmer im eine Stunde entfernten Trainingszentrum Clairefontaine zu beziehen.

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Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff sagte gestern: "Das Team - Spieler, Trainer und Betreuer - ist immer noch stark betroffen. Dennoch wissen alle, dass es wichtig ist, ein Zeichen zu setzen. Unter diesen Gegebenheiten ist der sportliche Wert des Spiels gegen die Niederlande natürlich niedriger zu bewerten."

Heute reisen die Nationalspieler, die das Wochenende bei ihren Familien verbracht haben, in die Sportschule Barsinghausen, westlich von Hannover. Gegen die Niederländer werden sechs Spieler, die den Schrecken in Paris miterlebt haben, nicht dabei sein: Schweinsteiger, Manuel Neuer und Lukas Podolski werden geschont, Jerome Boateng, Jonas Hector fehlen angeschlagen und Leroy Sane reist wie verabredet zur U21.

(RP)
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