Argentinien-Pleite Auf Löw wartet viel Arbeit

München (RPO). Gellendes Pfeifkonzert und fußballerische Magerkost statt WM-Begeisterung: 99 Tage vor Beginn der Weltmeisterschaft in Südafrika war die deutsche Nationalmannschaft meilenweit vom angestrebten vierten Titel entfernt. Nach dem enttäuschenden 0:1 (0:1) im Klassiker gegen Argentinien kommt auf Bundestrainer Joachim Löw in den nächsten Wochen noch ein Haufen Arbeit zu.

Rene Adler kommt einen Schritt zu spät
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"So werden wir bei der WM nicht viele Chancen haben. Wir haben es den Fans nicht besonders leicht gemacht, nicht zu pfeifen", sagte Angreifer Mario Gomez nach dem missglückten Härtetest gegen die von Diego Maradona trainierten Südamerikaner selbstkritisch. Auch Löw musste nach dem letzten Länderspiel vor der Nominierung seines 23-köpfigen WM-Kaders Anfang Mai eingestehen, "dass es noch die ein oder andere Baustelle in jedem Mannschaftsteil gibt". Dennoch blickte der Bundestrainer trotzig in Richtung Südafrika: "Wir werden eine gute WM spielen."

Auch Oliver Kahn wollte die Niederlage nicht überbewerten. "Es gibt keinen Anlass für die typische Hysterie. Wenn die WM beginnt, werden wir da sein", sagte der frühere Nationaltorwart und Vize-Weltmeister von 2002. Und selbst Chef-Kritiker Franz Beckenbauer war milde gestimmt: "Das war ein Vorbereitungsspiel. Das sollte man nicht so negativ sehen."

Allerdings war auch Löw nicht verborgen geblieben, dass sich sein Team gut drei Monate vor dem Start der Endrunde in Südafrika (11. Juni bis 11. Juli) noch lange nicht als WM-tauglich erwies. Im Tor patzte die neue Nummer eins Rene Adler beim 0:1 durch Gonzalo Higuain (45.), die Abwehr wackelte einige Male bedenklich, das Mittelfeld um den schwachen Kapitän Michael Ballack war uninspiriert und der Angriff praktisch nicht vorhanden.

Löw: "Müssen hart arbeiten"

Löw setzt deshalb auf die am 14. Mai beginnende Vorbereitung in Sizilien und Südtirol mit den drei Länderspielen gegen Malta (13. Mai), Ungarn (29. Mai) und Bosnien (3. Juni): "Wir müssen in den vier Wochen vor der WM konsequent arbeiten, wir müssen die Detailabstimmung verbessern. Wir müssen unser mutiges und schnelles Spiel wiederfinden."

Die Gründe für den blutleeren Auftritt vor 65.152 frustrierten und durchgefrorenen Zuschauern gegen die cleveren Gauchos waren schnell gefunden. "Bei uns gab es keine Anspielstationen. Wir haben zu häufig quer gespielt, sind zu lange mit dem Ball gelaufen. Wir haben zu wenig Mut und Entschlossenheit gezeigt", bemängelte Löw.

"Wir haben teilweise keine Lösung gefunden, uns zu langsam nach vorne bewegt", kritisierte auch Ballack ein Spiel mit "angezogener Handbremse". Die Mannschaft zeige zwar "gute Ansätze, aber die letzte Überzeugung fehlt noch. Der Respekt ist zu groß. Wir müssen uns mehr zutrauen, dann klappt es auch." Auch Bastian Schweinsteiger glaubt an bessere WM-Zeiten: "Das war ein Freundschaftsspiel, natürlich wird bei der WM mehr gehen."

Luft nach oben bei neuer Doppelsechs

Damit in Südafrika mehr geht, müssten sich auch Ballack und Schweinsteiger erheblich steigern. Beide agierten erstmals gemeinsam im zentralen defensiven Mittelfeld, konnten allerdings keinerlei Impulse setzen. Löw will aber an der neuen Variante festhalten: "Sie können zusammenspielen, es fehlt nur die Detailarbeit." Auch Schweinsteiger merkte an, "dass ich auf dieser Position am besten Fußball spielen kann und wir auch so Erfolg haben werden."

Doch es lag nicht an Ballack und Schweinsteiger allein, dass die Deutschen keine Torchance herausspielten. Spielmacher Mesut Özil ist weit von seiner Form entfernt, Lukas Podolski war wie im Verein ein Totalausfall - und Debütant Thomas Müller kam über gute Ansätze nicht hinaus.

Dennoch lobte Löw den Münchner Neuling ebenso wie Toni Kroos aus Leverkusen, der auch sein erstes Länderspiel feiern durfte. "Sie haben ihre Sache ordentlich gemacht. Man hat gesehen, dass sie Potenzial haben. Thomas Müller kann auf der rechten Seite dauerhaft eine Alternative werden", meinte der Bundestrainer.

Keine Torwartdiskussion

Auch mit seinem Keeper wollte er nicht allzu hart ins Gericht gehen. "An ihm hat es sicher nicht gelegen. Es wird keine neue Torwartdiskussion geben", stellte Löw klar. Kahn bemängelte zwar, "dass es besser gewesen wäre, er wäre auf der Linie geblieben". Aber gleichzeitig meinte der "Titan", dass Adler "zu Recht die neue deutsche Nummer eins ist". Adler zeigte sich selbstkritisch: "Wenn man sich entschließt, rauszugehen, muss man es auch durchziehen. Aber ich lerne aus Fehlern."

Anfang Mai wird Löw sein Aufgebot für Südafrika benennen. "Das Gerüst steht. Es wird weitgehend aus den Spielern bestehen, die schon bei der EM und WM dabei waren", sagte er und fügte an: "Bei Einigen kommt es nun darauf an, was sie in der Liga zeigen. Wenn Spieler bis Anfang Mai starke Leistungen zeigen, ist das sicher ein Vorteil."

Ein Problem, dass etwa Miroslav Klose bei Bayern München nur Ersatz ist oder Podolski in Köln das Tor nicht trifft, sieht der DFB-Coach nicht: "Ich bin nach wie vor von ihnen überzeugt. Sie spielen eine wichtige Rolle. Wir werden alles tun, damit sie bei der WM in guter Form sind."

(SID/chk)
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