Merkel hält Laudatio auf Klinsmann "Wunderbares Vorbild, weit über den Fußball hinaus"

Der 42. Bundestag des Deutschen Fußball-Bundes ist am Donnerstag mit einem Festakt eröffnet worden. Die Hauptrollen spielten Angela Merkel und der "Flipper", der jetzt Ehrenspielführer ist.

Angela Merkel hält Laudatio auf DFB-Ehrenspielführer Jürgen Klinsmann
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Merkel hält Laudatio auf DFB-Ehrenspielführer Klinsmann

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Jürgen Klinsmann strahlte über das ganze Gesicht wie ein Schuljunge - als ihn Angela Merkel auf die Bühne des Theaters Erfurt holte und kurz umarmte, war er sogar den Tränen nahe. "Das ist ein unvergesslicher Moment", sagte der frühere Bundestrainer nach seiner Auszeichnung zum Ehrenspielführer des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) mit bewegter Stimme: "Dass sich unsere Bundeskanzlerin die Zeit nimmt - das werde ich für immer zu schätzen wissen."

Die Kanzlerin hatte den Welt- und Europameister von 1990 und 1996 zuvor als "großartigen Sportler, echten Sympathieträger und wunderbares Vorbild, weit über den Fußball hinaus" gewürdigt. Die Bundeskanzlerin erinnerte besonders an die WM-Zeit 2006. "Auf Ihnen ruhten die Lasten schwerer Hoffnung, das DFB-Team fit zu machen, für die WM im eigenem Land. Die Erwartungen haben Sie nicht enttäuscht", sagte Merkel.

Reaktionen zur Ernennung von Klinsmann zum Ehrenspielführer
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In einer Reihe mit Walter, Seeler, Beckenbauer und Matthäus

Bislang gab es vier Ehrenspielführer. Fritz Walter, Uwe Seeler, Franz Beckenbauer und Lothar Matthäus wurde diese Ehre zuteil. "In diese Reihe sich einzugliedern, ist ein besonderer Moment", sagte Klinsmann und dankte mit einem schelmischen Grinsen seiner Laudatorin: "Ich würde sie am liebsten mitnehmen und sie wird neue US-Präsidentin. Diese Hürde würde sie ganz locker überspringen."

Klinsmann löste 1995 Matthäus als Spielführer der DFB-Auswahl ab. Ein Jahr später erhielt er im Londoner Wembleystadion aus den Händen der englischen Königin Elizabeth II. nach dem Finalsieg gegen Tschechien (2:1 nach Golden Goal) den EM-Pokal. Seine letzte von insgesamt 36 Partien als DFB-Kapitän bestritt er im WM-Viertelfinale 1998 beim 0:3 gegen Kroatien, nachdem er seine Länderspiellaufbahn nach insgesamt 108 Partien beendete. 1990 war Klinsmann mit Deutschland Weltmeister geworden.

Zum DFB kehrte der Schwabe 2004 zurück und erlebte mit dem dritten Platz bei der Heim-WM den Höhe- sowie Schlusspunkt seiner zweijährigen Amtszeit als Bundestrainer. Seit 2011 betreut der Wahl-Amerikaner die Auswahl der USA, mit der er bei der WM 2014 gegen Deutschland in der Gruppenphase 0:1 verlor.

Jahrestag der Steuerrazzia

Am Jahrestag der Steuerrazzia in Frankfurt/Main im November 2015, die den Weltmeister-Verband endgültig in die Krise gestürzt hatte, war allerdings auch der Skandal um das "Sommermärchen", der DFB-Präsident Reinhard Grindel schließlich ins Amt gespült hatte, gegenwärtig.

"Wir können die Menschen nur dann begeistern, wenn sie überzeugt sind, dass alles mit rechten Dingen zugeht", sagte Grindel, dessen Wiederwahl während der Plenarsitzung am Freitag (ab 10.00 Uhr) nur noch Formsache ist. Dann wird der Bundestag auch eine Reihe von Satzungsänderungen beschließen - unter anderem soll eine Ethikkommission unter dem Vorsitz des früheren Bundesaußenministers Klaus Kinkel ins Leben gerufen werden. Am Donnerstag standen aber zunächst die Erfolge der Vergangenheit auf dem Programm.

DFB verleiht Hrubesch und Neid Verdienstspangen

Geehrt wurden auch die frühere Frauen-Bundestrainerin Sliva Neid (52) und der ehemalige U21-Coach Horst Hrubesch (65) für die überragenden Auftritte ihrer Teams bei den Olympischen Spielen. "Sie haben den deutschen Fußball in ihren Bereichen maßgeblich geprägt", sagte Grindel, der Olympiasiegerin Neid und Silbermedaillengewinner Hrubesch die DFB-Verdienstspange verlieh.

Der DFB-Präsident hatte im Vorfeld drei große "Zukunftsprojekte", den Bau der DFB-Akademie in Frankfurt/Main, den Masterplan Amateurfußball und die Ausrichtung der EM 2024 benannt. Zumindest für letzteres gab es starken Rückenwind von Fifa-Präsident Gianni Infantino (46).

"Deutschland kann morgen eine EM oder WM ausrichten", sagte der Schweizer: "Die Stadien sind fantastisch, das Land ist groß, man hat alles was man braucht. Es ist ein Fußballland - ich würde mir keine Sorgen machen." Die Entscheidung durch die Europäische Fußball-Union (Uefa), deren Generalsekretär Infantino sieben Jahre war, fällt aber erst im Herbst 2018.

Infantino mahnte in seiner launigen Rede, dass "man als Erneuerer mehr Kritik, Misstrauen und Sarkasmus einstecken muss als Unterstützung bekommt, die man so sehr benötigt". Der Chef des von Skandalen geplagten Weltverbands freute sich deshalb, "hier als Zeuge, als Erneuerungsexperte dabei zu sein". Für den Neustart brauche es "viel Arbeit, Kraft und Wille. Man muss einen Weg finden", sagte Infantino: "Aber es geht in die richtige Richtung - ähnlich wie bei der Fifa."

Für Bundesinnenminister Thomas de Maizière ist der Weg aus der Krise aber noch weit. "Der DFB und die Fifa sind weiter gefordert, um die Aufklärung zu schaffen. Das gilt auch für die Ermittlungsbehörden", sagte der CDU-Politiker, der zudem dafür plädierte, dass der Fußball nicht alle anderen Sportarten an den Rand drängen solle: "Ich würde gerne auch Spitzenleistung in anderen Sportarten erleben. Die Präsenz im Fernsehen ist dafür sicher der Knackpunkt."

(sid)
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