Raiola und Co. Spielerberater — die heimlichen Herrscher im Fußball

Düsseldorf · Ihr Ruf wird von den zwielichtigen Millionenschefflern Mino Raiola und Jorge Mendes bestimmt – dabei sind diese die absoluten Ausnahmen. Und trotzdem: Spielerberater haben mehr Einfluss auf den Fußball als je zuvor.

 Jorge Mendes mit Cristiano Ronaldo sowie dessen Sohn und Mutter (v.l.) bei der Ehrung zu Real Madrids bestem Scorer aller Zeiten.

Jorge Mendes mit Cristiano Ronaldo sowie dessen Sohn und Mutter (v.l.) bei der Ehrung zu Real Madrids bestem Scorer aller Zeiten.

Foto: afp, GJ/raf

Ihr Ruf wird von den zwielichtigen Millionenschefflern Mino Raiola und Jorge Mendes bestimmt — dabei sind diese die absoluten Ausnahmen. Und trotzdem: Spielerberater haben mehr Einfluss auf den Fußball als je zuvor.

Es geht um Macht, Einfluss und Geld, viel Geld: Spielerberater haben aufgrund ihrer zum Teil horrenden Provisionen einen schlechten Ruf, aus dem Fußballgeschäft sind sie trotzdem nicht mehr wegzudenken, Spielerberater sind die heimlichen Herrscher der Fußballwelt.

Der Transfer von Kölns Anthony Modeste nach China soll beispielsweise nach langem Hin und Her an der zu niedrigen Provision für seine Berater gescheitert sein. Das Millionengeschäft Fußball zieht viele Menschen an.

"Gefühlt gibt es mittlerweile mehr Berater als Stellen für Profifußballer in Deutschland", sagt Jörg Neblung, der seit 15 Jahren erfolgreich im Geschäft arbeitet und vor allem als Berater von Robert Enke bekannt wurde.

Jeder kann Spielerberater werden

Seit dem 1. April 2015 kann praktisch jeder Spielerberater werden. Es müssen lediglich ein polizeiliches Führungszeugnis und 500 Euro pro Transferperiode beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) hinterlegt werden. Die Lizenz für Spielerberater schaffte der Fifa-Weltverband ab, eine Prüfung mit Fragen aus dem gesamten Regelwerk, der Fifa, des DFB und des Ligaverbandes gibt es in Deutschland nicht mehr.

Seitdem überschwemmen Neulinge den Markt, angetrieben vom Lockruf des einfach verdienten Geldes. "Früher sind die Leute mit dem Schiff nach Alaska gefahren, um dort nach Gold zu suchen, heute wird man eben Spielerberater", sagt Neblung.

Vorbild dabei ist Mino Raiola, der Paul Pogba im Sommer 2016 für die Rekordsumme von 105 Millionen Euro von Juventus Turin zu Manchester United transferierte und dabei laut Enthüllungen von Football Leaks rund 50 Millionen Euro verdient haben soll.

Vor einigen Wochen erklärte er dem AC Mailand, dass ihr Torwart-Juwel Gianluigi Donnarumma (18) seinen Vertrag auf keinen Fall verlängern werde, nur um jetzt doch wieder auf eine Verlängerung aus zu sein. Raiola presst — so scheint es — aus jedem Vertrag das finanzielle Maximum heraus.

Doch die Nummer eins der Branche ist der Portugiese Jorge Mendes, der u.a. Weltfußballer Cristiano Ronaldo, José Mourinho, Diego Costa und Bayern Münchens Renato Sanches berät. Zuletzt geriet Mendes durch Vorwürfe der Steuerhinterziehung von etlichen seiner Klienten unter Druck — darunter Ronaldo, Mourinho und der kolumbianische Stürmer-Star Radamel Falcao. Raiola und Mendes lenken die Geschicke der Top-Stars und streichen mit ihren Deals regelmäßig Millionen ein — aber sie sind die absolute Ausnahme.

"Klinkenputzen" steht auf der Tagesordnung

Praktisch alle anderen Spielerberater sind auf das "Klinkenputzen" angewiesen, wie es in der Szene heißt. Das gilt auch für Neblung. "Morgens nach dem Aufstehen geht der erste Griff direkt ans Handy. Das muss ich zwei- bis dreimal am Tag aufladen. Wir telefonieren unser Netzwerk ab — kooperierende Agenten, Sportdirektoren, Trainer", beschreibt der 49-Jährige seinen Arbeitstag.

Dabei muss man mit ständiger Zurückweisung umgehen. Anrufe und Mails werden gerne ignoriert, angebotene Spieler in den meisten Fällen abgelehnt. Erfolgserlebnisse sind die Seltenheit.

Immer häufiger werden Spieler von Familienmitgliedern vertreten. So kann die Familie an einem möglichen Vertragsabschluss mitverdienen und kassiert die Provision, die eigentlich der Berater erhalten hätte.

Neblung hält von diesem Modell jedoch nichts. "Familienmitgliedern fehlt da einfach die Vernetzung, die Marktkenntnis und die Erfahrung", sagt der Spielerberater.

Diese Ansicht untermauert das Beispiel Mesut Özil. Der Nationalspieler ließ sich lange von seinem Vater Mustafa vertreten. Doch dieser soll sich in Vertragsverhandlungen mit Real Madrid verpokert haben, sodass Mesut 2013 zum FC Arsenal wechselte, obwohl er ursprünglich bei den Königlichen bleiben wollte. Kurz darauf sorgte Özil für die berufliche Trennung von seinem Vater.

Einfach verdientes Geld gibt es im Beratergeschäft nicht. Gute Kontakte sind zwingend notwendig — Informationen in der geheimnisumwobenen Branche Gold wert, aber alles andere als eine Erfolgsgarantie.

Neblung rät daher von dem Markteintritt ab: "Es ist zu voll, es ist zu schwierig. Erst nach Jahren wird der Aufwand zumeist bezahlt und belohnt. Ich müsste also als Neuling parallel noch etwas anderes machen, um mich über Wasser zu halten."

Spielerberater sind Vagabunden - getrieben von der Hoffnung zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein und ein unbekanntes Talent für sich zu entdecken. Bis dahin zahlt der Berater viel Geld für Spritkosten, Flüge und Hotels — in der Hoffnung, dass sich die Investition am Ende auszahlt.

(sid)
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