"Kann nicht behaupten, dass ich gerne gehe" Heidel hat Bammel vor seinem Abschied

Der Steuermann geht von Bord. Christian Heidel verlässt seinen FSV Mainz 05 und übernimmt als Sportvorstand die Verantwortung beim FC Schalke 04. Die 05er ohne Heidel - kaum vorstellbar, künftig aber Realität.

Das ist Christian Heidel
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Foto: dpa

Der Abschied wird tränenreich. Wenn Christian Heidel am Samstag zum letzten Mal als Manager des FSV Mainz 05 auf der Tribüne Platz nimmt, wird der 52-Jährige wohl das eine oder andere Taschentuch benötigen. Mit dem Spiel gegen Hertha BSC endet nach 24 Jahren Heidels Ära bei seinem Herzensklub. "Ich habe Bammel davor. Das ist alles nicht einfach. Ich stehe zu meiner Entscheidung, aber ich kann nicht behaupten, dass ich gerne gehe", sagte der zum Bundesligarivalen Schalke 04 wechselnde Manager.

Raus aus der Wohlfühloase, rein in ein Haifischbecken. Wenn Heidel am Sonntag sein neues Amt auf Schalke antritt, heißt es: Schafft er die Königsblauen oder schaffen die ihn? Die Herausforderung bei einem Großen der Branche hat er selbst gewählt.

In Mainz war der gelernte Banker und ehemalige Geschäftsführer eines Autohauses der Macher, konnte fast unbegrenzt schalten und walten. Seine Mitstreiter im Vorstand nickten ab und wussten: Alles wird gut. "Die 24 Jahre waren eine großartige Zeit. Die Geschichte von Mainz 05 ist wesentlich mit Christian verbunden", lobte der seit 1988 als Präsident an der Vereinsspitze stehende Harald Strutz seinen langjährigen Wegbegleiter.

Loyalität zum Personal wird bei Heidel großgeschrieben. Ein Beispiel ist Jürgen Klopp, den er 2001 aus der Not heraus in grauen Zweitliga-Zeiten vom Spieler zum Trainer beförderte. In der Saison 2006/07 blieb Klopp 16 Bundesligaspiele ohne Sieg, Heidel hielt dennoch zu ihm. "Eher schmeiße ich elf Spieler raus, bevor der Trainer geht", lautete sein Credo.

Klare Kante ist das Prinzip von Heidel, den aber auch Menschlichkeit und Herzenswärme auszeichnen. Elkin Soto kann davon berichten. Wie selbstverständlich erhielt der eigentlich schon verabschiedete Kolumbianer nach seiner schweren Knieverletzung im Mai 2015 noch einmal einen Vertrag für weitere zwölf Monate.

Der FSV-Manager kann aber auch anders. Das bekamen die Trainer Jörn Andersen und Kasper Hjulmand zu spüren. Beide wollten einen eigenen Weg gehen. "Wenn der gemeinsame Ansatz fehlt, muss man sich trennen", begründete Heidel die Trennungen.

Denn über allem steht die Philosophie des Mainzer Fußballs aus Herz, Leidenschaft, Emotion und Begeisterung. Wer aus der Reihe tanzt, ist schnell wieder weg. Wer das Konzept mitträgt, hatte in Heidel einen zuverlässigen Partner. Der wundersame Aufstieg des FSV Mainz 05 vom maroden Zweitligisten zum etablierten Bundesligisten, der sich zum vierten Mal in zehn Jahren für die Europa League qualifiziert hat, trägt seine Handschrift.

Überzeugungskraft und Ausdauer in Verhandlungen, aber auch der richtige Riecher machten Heidel zum König bei Spielertransfers. Und er ist Trendsetter: Männer aus den eigenen Reihen wie Klopp, Thomas Tuchel und zuletzt den Schweizer Martin Schmidt zu Trainern zu machen, war beispielgebend für die Liga.

"Es war mein Traum, den Verein so zu übergeben, wie er jetzt ist", erklärte Heidel. Mainz 05 ist putzmunter und wirtschaftlich bestens aufgestellt. Das laufende Geschäftsjahr werden die 05er erstmals dank der erklecklichen Transfereinnahmen mit einem Umsatz von mehr als 100 Millionen Euro abschließen. Mehr geht kaum am Standort Mainz.

(dpa)
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