Fifa sucht neuen Präsidenten Champagne, Platini oder doch Prinz Ali?

Zürich · Am Montag endet die Bewerbungsfrist für die Nachfolge des scheidenden Präsidenten Joseph S. Blatter. Jerome Champagne hat am Freitag als vierter und bislang letzter Kandidat seinen Hut in den Ring geworfen - der Ausgang ist Stand jetzt vollkommen offen.

 Jerome Champagne hat als vierter Kandidat seine Bewerbung für das Amt des Fifa-Präsidenten abgegeben.

Jerome Champagne hat als vierter Kandidat seine Bewerbung für das Amt des Fifa-Präsidenten abgegeben.

Foto: dpa, jw ase hak hpl

Der selbsternannte Heilsbringer wählte mutige und siegessichere Worte, als er seine Kandidatur für das Präsidenten-Amt beim kriselnden Fußball-Weltverband Fifa verkündete. "Um die benötigten Reformen durchzuführen", sagte Jerome Champagne mit Nachdruck, "muss es jemanden geben, der die Institution kennt. Ich schäme mich nicht für meine Fifa-Jahre. Sie sind kein Nachteil, im Gegenteil." Aber hat er wirklich eine Chance?

Als bislang letzter potenzieller Nachfolger des derzeit suspendierten Fifa-Chefs Joseph S. Blatter hatte Champagne jedenfalls am Freitag drei Tage vor dem Ende der Bewerbungsfrist seinen Hut in den Ring geworfen. Der 57-jährige Franzose, der zwischen 1999 und 2010 in verschiedenen beratenden Funktionen für die Fifa tätig gewesen war, versprach in seinem Wahlprogramm "mehr Transparenz und Entwicklung", resultierend in eine "starke, demokratische, respektierte und proaktive Fifa".

Als erster und einziger Kandidat punktete Champagne immerhin mit einem Wahlprogramm. Aber ein ehemaliger, enger Blatter-Vertrauter als Lösung für die tiefe Krise eines Verbandes, der sich von einer fragwürdigen Entscheidung zur nächsten hangelt? Nur schwer, sehr schwer vorstellbar. Chancen hat der ehemalige Diplomat wohl nur, wenn sich in den verbliebenen Tagen bis zum 26. Oktober kein geeigneter Kandidat mehr hervortut.

Denn das sind die bisherigen drei, die vor Champagne ihren Anspruch auf die Blatter-Nachfolge angemeldet haben, keinesfalls. Der jordanische Prinz Ali bin Al Hussein dürfte beim Fifa-Kongress am 26. Februar 2016 nicht annähernd genug Stimmen zusammenbekommen. David Nakhid aus Trinidad und Tobago könnte seine Nähe zu Jack Warner, einer Schlüsselfigur im Fifa-Skandal, zum Verhängnis werden. Am Freitag forderte er mehr Gleichgewicht in der "von Europa dominierten Fifa", seine Chancen begründete er mit nur einem Wort: "Aufrichtigkeit."

Michel Platini, der dritte im Bunde, ist wegen der dubiosen Zahlung von zwei Millionen Schweizer Franken selbst ins Visier der Ermittler geraten — und bis Anfang Januar gesperrt.

"Platoche" könnte daher auch an der ersten, vielleicht sogar auch an der zweiten TV-Debatte der Kandidaten nicht teilnehmen. Drei davon hat Champagne in seinem Programm vorgeschlagen, "sie sollen in die ganze Welt ausgestrahlt und somit einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden", fordert Champagne.

Somit erfordert es noch etwas Geduld, um einen klaren Favoriten auszumachen. Bis vor einigen Tagen galt der Südafrikaner Tokyo Sexwale als konsensfähige Alternative. Doch die Lobpreisungen ausgerechnet von Blatter und auch Franz Beckenbauer, der durch die wabernden Korruptionsgerüchte um die Vergabe der WM 2006 an Deutschland auch international an Strahlkraft verloren hat, haben sich inzwischen zum Makel umgekehrt.

Ob Kuwaits graue Eminenz, Scheich Ahmad al Fahad al Sabah, die Rolle des Strippenziehers gegen die Aufgabe als Frontschwein einzutauschen bereit ist, darf bezweifelt werden. Gut möglich also, dass ein spektakulärer Seitenwechsel in dem Machtspiel die Entscheidung bringt: Insider sehen im derzeitigen Fifa-Chefaufseher Domenico Scala (Schweiz) einen ernstzunehmenden Geheimtipp.

(sid)
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